Ein Zeitungsbericht mit höchst brisanten Schilderungen zum Fall des verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi scheint den Verdacht gegen die saudische Staatsführung zu erhärten. Laut der "Washington Post" existieren angeblich Ton- und Videoaufnahmen, die belegen sollen, dass Khashoggi vor eineinhalb Wochen im saudischen Konsulat ermordet wurde.

Das Blatt, für das Khashoggi in der Vergangenheit selbst schrieb, beruft sich dabei auf Informationen türkischer und amerikanischer Offizieller. Demnach scheut die türkische Seite eine Veröffentlichung der Aufnahmen, um nicht zu offenbaren, wie Einrichtungen ausländischer Staaten in der Türkei ausspioniert werden.

Kein Zweifel an Mordthese

Unklar sei deshalb auch, inwiefern amerikanische Stellen das angebliche Beweismaterial selbst einsehen durften. Die türkische Regierung habe US-Regierungsvertretern aber versichert, im Besitz kompromittierender Aufnahmen zu sein, die keinen Zweifel an der Mordthese lassen.

Mehr als eine Woche nach dem Verschwinden Khashoggis ist unterdessen eine Delegation aus Saudi-Arabien in der Türkei eingetroffen. Sie habe mit den Ermittlungen in dem Fall zu tun, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag.

Über das Wochenende soll die Gruppe in Ankara türkische Behördenvertreter treffen. CNN Türk berichtete, auf der Agenda stünden Gespräche darüber, wann und wie türkische Ermittler das saudische Konsulat inspizieren könnten.

Die türkische Zeitung "Sabah" berichtete am Freitag, Saudi-Arabien haben nur einer "visuellen" Durchsuchung des Konsulatsgebäudes zugestimmt, in dem der saudi-arabische Regierungskritiker vergangene Woche verschwunden war. Die Türkei wolle aber auch nach Blutspuren suchen.

Khashoggi (59) hatte am 2. Oktober das saudische Konsulat in Istanbul betreten, um Papiere für seine Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten abzuholen. Seitdem wird er vermisst. Saudi-Arabien weist den Vorwurf zurück, dass der Regimekritiker im Konsulat ermordet worden sei, und hat eine Aufklärung des Falls versprochen.

Khashoggi war vor mehr als einem Jahr aus Angst vor politischer Verfolgung ins US-Exil gegangen. Dort schrieb er unter anderem Artikel für die "Washington Post", die er mit Jamal Kashoggi zeichnete. Der Journalist begrüßte zwar grundsätzlich die Reformen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, kritisierte aber dessen zunehmend autoritäre Herrschaft.

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