In einem symbolträchtigen Schritt haben Frankreich und Russland am Samstag erstmals gemeinsam ein Flugzeug mit Hilfsgütern nach Syrien geschickt. Eine russische Militärmaschine brachte vom französischen Chateauroux 50 Tonnen Hilfsgüter für die Menschen in der früheren syrischen Rebellenenklave Ost-Ghouta zum Militärflughafen Hmeimim.

Es war der erste gemeinsame Hilfsflug eines westlichen Staats mit Russland. Die Aktion war im Mai bei einem Treffen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin in St. Petersburg vereinbart worden. Wie der Kreml mitteilte, sprachen die beiden Staatschefs am Samstag am Telefon über den "humanitären Aspekt der syrischen Lösung" sowie über die gemeinsame Hilfsaktion für Ost-Ghouta.

Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, landete das mit Kleidung, Zelten und medizinischer Ausrüstung beladene Flugzeug am Nachmittag auf dem russischen Militärflughafen Hmeimim im Westen Syriens. Die Hilfsgüter sollten noch am Samstag unter Aufsicht des UNO-Büros für humanitäre Hilfe (OCHA) in Ost-Ghouta verteilt werden, das im April von der Regierung nach erbitterten Kämpfen zurückerobert worden war.

Bei der Offensive waren die syrischen Regierungstruppen von der russischen Luftwaffe unterstützt worden. Mehr als 1.700 Zivilisten wurden bei den monatelangen Kämpfen in dem Gebiet nahe Damaskus getötet, tausende weitere wurden verletzt. Das französische Außenministerium teilte mit, dass es "Garantien" von Russland erhalten habe, dass die syrische Regierung unter Präsident Bashar al-Assad keinen Einfluss auf die Verteilung der Hilfsgüter nehmen werde.

Der frühere französische Botschafter in Syrien, Michel Duclos, warnte aber, Frankreich gehe "erhebliche Risiken" ein, wenn es mit Russland und dem Syrischen Roten Halbmond bei der Lieferung von Hilfsgütern zusammenarbeite. "Was garantiert, dass die Hilfe von Assad nicht umgeleitet oder ausgenutzt wird?" fragte Duclos, der heute für das Institut Montaigne in Paris tätig ist.

Die syrische Armee hat seit Jahresbeginn mit Unterstützung Russlands große Gebiete von den Rebellen zurückerobert. Nach der Einnahme von Ost-Ghouta startete die Armee eine Offensive auf die Provinzen Daraa und Quneitra im Süden des Landes. Unter dem Druck des Militärs sagten die Aufständischen in Quneitra und der Pufferzone zu den von Israel besetzten Golan-Höhen kürzlich zu, ihre Waffen niederzulegen oder abzuziehen.

Die Kapitulation der Rebellen in dem Gebiet wird von Israel mit Sorge verfolgt. Die Regierung befürchtet, dass damit auch mit der syrischen Führung verbündete iranische Truppen bis an das von Israel kontrollierte Gebiet am Golan heranrücken könnten.

Am Samstag traf ein erster Konvoi mit Hunderten Rebellen und ihren Angehörigen aus Quneitra in der nordwestlichen Provinz Idlib ein, die als letzte Provinz noch von Rebellen gehalten wird. Laut der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollten die 2.800 Passagiere in Bussen privater Hilfsorganisationen in temporäre Flüchtlingslager weiter nördlich gebracht werden. In Kürze sollte zudem ein weiterer Konvoi aus Quneitra starten. Insgesamt sollten mehr als 4.000 Menschen den Süden Syriens verlassen.

Im Süden Syriens wurden unterdessen bei syrischen und russischen Luftangriffen auf die letzten von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gehaltenen Gebiete in der Provinz Daraa 26 Zivilisten getötet, wie die Beobachtungsstelle erklärte. Bei den Luftangriffen auf mehrere vom IS-Ableger Jaish Khaled bin Walid kontrollierte Städte wurden laut der oppositionsnahen Organisation "ganze Nachbarschaften zerstört".

(Schluss) gil/nw ~

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