Moskaus erster Erfolg in Helsinki gehörte der vaterländischen Autoindustrie. Wladimir Putin fuhr nicht wie bisher im Pullman-Mercedes, sondern in einer neuen Aurus-Limousine vor, „ein Symbol des neuen russischen Stolzes“, wie ein Staats-TV-Reporter verkündete. Andere materiell fassbare Erfolge gab es beim ersten vollwertigen Gipfeltreffen zwischen Wladimir Putin und Donald Trump kaum zu feiern. „Erfolgreich und produktiv“, nannte der russische Präsident die Gespräche hinterher. Aber er und sein Gegenüber Donald Trump bezeichneten ihr Treffen auch als „offen und sachlich“, eine diplomatische Wendung dafür, dass es Streit gegeben hatte.

Und offenbar kam man sich bei den meisten Streitfragen nicht entscheidend näher. Putin stellte hinterher fest, er habe sich erneut zur angeblichen Einmischung russischer Geheimdienstler in die US-Wahlen äußern müssen. „Wir haben uns nicht eingemischt. Und wir haben nicht vor, uns einzumischen.“ Damit bewegte sich der Kreml-Chef auch in dieser Frage demonstrativ keinen Millimeter. „Man kann niemandem glauben“, fügte Putin offenherzig hinzu. „Woher wissen Sie, dass Präsident Trump mir glaubt und dass ich ihm vollständig vertraue?“

"Thema Krim abgeschlossen"

Trump seinerseits erklärte Russland genauso offenherzig einen Gasexportkrieg: US-Flüssiggas werde künftig dem russischen Erdgas auf dem europäischen Markt ernsthafte Konkurrenz machen. Putin wiederum dozierte trocken, Trump halte den Anschluss der Krim für rechtswidrig, er aber nicht. „Für uns ist das Thema Krim abgeschlossen.“
Aber das Lächeln beider Präsidenten wirkte auf der Abschlusskonferenz nach den dreieinhalbstündigen Verhandlungen wesentlich gelöster als beim Ritual für die Presse zu Beginn des Treffens.

Beide Staatschefs hatten vorher noch mit der eigenen Unpünktlichkeit gepokert. Wie die Zeitung „Moskowski Komsomolez“ protokollierte, erschien Putin mit 20 Minuten Verspätung im finnischen Präsidentenpalast, Trump aber mit 38 Minuten, Punktvorteil nicht unbedingt für Putin.

Nach der Veranstaltung hätte ein Fußballkommentar wohl von einem Unentschieden ohne große Torszenen gesprochen. „Im Vorfeld haben Expertengruppen gearbeitet, es war also klar, dass man keine konkreten Ergebnisse plante“, sagte Aschdar Kurtow, Chefredakteur der Zeitschrift „Problemy Nationalnoi Strategii“. Immerhin habe Russlands Präsident zur umstrittenen Präsenz iranischer Streitkräfte in Südsyrien auf die UN-Resolutionen zu den Golan-Höhen verwiesen. „Und in diesen Resolutionen ist dort kein Platz für iranische Streitkräfte.“ So habe Putin signalisiert, er sei mit den US-israelischen Forderungen nach einer Sicherheitszone ohne iranische Kämpfer einverstanden.

Außerdem einigte man sich auf eine gemeinsame Kommission zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Während russische Vorschläge, Expertenkommissionen auch zur Abrüstung, zum Kulturaustausch und zu den bilateralen politischen Beziehungen zu bilden, offenbar ohne Antwort blieben.

"Putin hat Trump geschlagen"

Die russische Öffentlichkeit aber ist diplomatische Siege gewöhnt. Schon zu Beginn des Treffens titelte der nationalistische TV-Sender Zargrad: „Putin hat Trump geschlagen.“ Begründung: Man treffe sich in Helsinki, also fast in Russland, in einer Zeitzone mit Moskau. „Die USA haben die neue Realität anerkannt und demonstrieren ihre Bereitschaft, mit Russland zu reden, das sich von den Knien erhoben hat.“
Zudem pikant: Putin und Trump trafen sich im Präsidentenpalast, der während der russischen Herrschaft über Finnland bis zur Unabhängigkeit 1917 als Sommerresidenz des Zaren genutzt wurde. Der Gipfel fand zudem am Vortag des 100. Jahrestages der Ermordung des letzten russischen Zaren Nikolai II. statt. In der Nacht auf den 17. Juli 1918 töteten die Bolschewisten im Keller eines Wohnhauses in Jekaterinburg die Zarenfamilie.

Andere Beobachter in Russland bemühten sich ebenfalls um eine positive Einschätzung: „Der Kalte Krieg ist zu Ende“, verkündete der Politologe Alexei Muchin. „Barack Obama hat ihn angefangen, sein Nachfolger hat ihn beendet.“ Kurtow sieht trotz fehlender Ergebnisse wichtige atmosphärische Fortschritte: Auch wenn die Präsidenten ihre Widersprüche immer wieder offen formulierten, hätten sie auf scharfe Antworten verzichtet. „Positiv ist auf jeden Fall, dass sie dreieinhalb Stunden miteinander geredet und die gegenseitigen Positionen in vielen wichtigen Fragen geklärt haben.“ Die nächsten Monate würden zeigen, ob es wirklich eine Entwicklung zum Besseren gibt. „Aber ich hoffe, mit diesem Gipfel sind die amerikanisch-russischen Beziehungen über den toten Punkt hinweggekommen.“

„Im Ganzen bin ich mit unserem ersten vollwertigen Treffen zufrieden“, resümierte Putin. „Donald Trump und ich haben gut geredet.“ Ein Durchbruch klingt anders. Aber es war auch kein Reinfall. Und so schenkte Putin Trump einen WM-Fußball, mit den Worten: „Jetzt ist der Ball in Ihrer Hälfte.“