Es ist eine eingeübte Tradition. Ab heute ist das Umfeld des Hotels Bayerischer Hof in München Hochsicherheitszone. Und doch ist die 54. Sicherheitskonferenz in der bayerischen Hauptstadt im heurigen Jahr außergewöhnlicher. Erstmals werden 230 deutsche Soldaten die Innenstadt schützen. Einerseits gibt es eine erhöhte Terrorangst, andererseits wollten aber auch noch nie so viele Menschen ihren Unmut über die Weltpolitik äußern. Allein 4000 Menschen werden zur größten Demonstration erwartet, 20 Bündnisse haben insgesamt Proteste angemeldet.

Die unsichere Lage auf der Welt wird bis Sonntag mehr als 20 Staats- und Regierungschefs, rund 40 Außen- und ebenso viele Verteidigungsminister sowie 52 Vorstandschefs großer Weltunternehmen beschäftigten. Erwartet werden auch US-Verteidigungsminister James Mattis, der israelische Premier Benjamin Netanjahu, Irans Außenminister Hassan Rohani und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz. Kurz wird am Samstagvormittag eine europapolitische Rede halten und heute bilaterale Gespräche führen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Bayerns Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer. Nach der Rede stehen Treffen mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko, Weltwährungsfonds-Chefin Christine Lagarde und Brexit-Chefverhandler Michel Barnier auf dem Programm.

In München dürfte es diesmal deutlich kontroverser zur Sache gehen als in den vergangenen Jahren. Selten war die Welt seit dem Ende des Kalten Krieges derart ungeordnet. Auf dem weltgrößten Podium für sicherheitspolitische Fragen wird daher hitzig diskutiert, wie ein neuer Kalter Krieg oder gar gefährlichere Konfrontationen vermieden werden können. Dazu gehören auch Cyber-Security, Gesundheits- und Energiesicherheit.

Der Verfall der regelbasierten Sicherheitspolitik bereitet vielen Sicherheitsexperten Kopfzerbrechen. Russland hat mit seiner Außenpolitik und den militärischen Aktionen dazu beigetragen, aber auch die neue US-Nuklearstrategie hat die Sorge vor einem neuen atomaren Wettrennen vergrößert. Europa, früher ausgleichender Faktor, tut mit seiner Passivität sein Übriges, dass die Situation sich aufschaukeln kann. München bietet den Rahmen, nach einem Anknüpfungspunkt zu suchen.