Romi Gonen (25), die 471 Tage lang von der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen festgehalten wurde, hat in einem viel beachteten Fernseh-Interview erstmals ausführlich über die sexualisierte Gewalt gesprochen, der sie während ihrer Gefangenschaft ausgesetzt war. Die junge Israelin schildert offen die Übergriffe und macht damit ein bislang wenig öffentlich thematisiertes Kapitel der Geiselkrise im Oktober-Konflikt sichtbar.
„Er nahm mir alles“
Gonen berichtete, dass sie von mehreren Männern über Wochen wiederholt sexuell missbraucht worden sei. Schon wenige Tage nach ihrer Entführung beim Nova-Festival am 7. Oktober 2023 sei sie von einem angeblichen Helfer in der Dusche angegriffen worden. „Ich war verletzt, ich hatte keine Kraft, und ich konnte nichts tun. Er nahm mir alles“, sagte Gonen im Interview mit dem israelischen Sender Channel 12, das am 25. Dezember ausgestrahlt wurde.
Später folgten weitere Übergriffe, teilweise gleichzeitig durch mehrere Männer, darunter auch einer, den sie „Mohammed der Kameramann“ nannte, und ein weiterer mit dem Namen „Ibrahim“. Sie beschrieb eine Phase von 16 Tagen, in denen sie täglich belästigt wurde. „Ich begann unkontrolliert zu weinen“, erzählte sie. „Er sagte, ‚Wenn du nicht ruhig bist, werde ich wütend‘.“
„Ich war wie gelähmt“
„Es dauerte fast eine halbe Stunde. Angst lähmt dich. Ich war gelähmt. Ich dachte nur: ‚Romi, jeder in Israel denkt, du bist tot, und du wirst hier als Sexsklavin festgehalten.‘“ Gonen sagte zudem, ihr sei mehrfach direkt mit dem Tod gedroht worden, falls sie über die Übergriffe sprechen würde. „Wenn du jemandem davon erzählst, werde ich dich töten“, habe einer der Bewacher zu ihr gesagt.
Israels Staatspräsident Isaac Herzog würdigte Gonens Aussagen als ein Beispiel „außerordentlichen Mutes“. Er betonte, dass ihre Schilderungen dazu beitragen sollten, die Wahrheit über das auszudrücken, was die Geiseln durchmachen mussten.
Sexualisierte Gewalt als taktische Kriegswaffe
Gonen ist nicht die einzige Person, die über sexuelle Gewalt in der Geiselhaft berichtet hat. Auch andere ehemalige Gefangene - darunter auch viele Männer - haben von Übergriffen und Entwürdigungen berichtet.
Nach Recherchen und Berichten von Menschenrechtsgruppen und medizinischen Einrichtungen wurde sexualisierte Gewalt während des Hamas-Angriffs am 7. Oktober 2023 und in der anschließenden Geiselhaft nicht nur vereinzelt, sondern in mehreren Fällen dokumentiert. Eine Studie argumentiert, dass solche Übergriffe von der Hamas als „taktische Kriegswaffe“ eingesetzt worden seien, um Menschen zu demütigen, zu terrorisieren und zu entmenschlichen. Berichte sprechen von Fällen teilweiser oder vollständiger Entkleidung mit Fesselung sowie Drohungen, Demütigungen und Misshandlungen
Ein Amnesty-International-Report weist darauf hin, dass viele zurückgekehrte Geiseln schwere körperliche und psychische Verletzungen aufweisen, die auf Misshandlungen einschließlich sexueller Gewalt hindeuten. Die Untersuchung unterstreicht die Langzeitfolgen solcher Gewalterfahrungen auf die Überlebenden.
Video von Romi Gonens Freilassung im Jänner 2025: