Ende September marschierte Sparkle Villongco durchs Zentrum von Manila, mit Zehntausenden, und streckte ein Plakat mit dem Spruch gen Himmel: „Wir sind pitschnass im Flutwasser, während sie im Luxus untergehen!“ Das 60-jährige Model trug Regenjacke und einfache Gummischuhe, als Statement: Wir, das Volk, kriegen nasse Füße, weil die Politik nicht an uns denkt.

Heftige Proteste auf den Straßen

Über Wochen haben Menschen in den Philippinen immer wieder auf der Straße protestiert. Anfang September versammelten sich Protestierende in Pasig, einem Viertel im Zentrum Manilas, wo es zu Ausschreitungen kam. Eine Woche später fand sich eine empörte Menge auf dem Campus der University of the Philippines sowie auf einer Verkehrsaorta EDSA, wo in den 1980ern eine Revolution stattfand. Ende des Monats wütete man an mehreren Orten gleichzeitig. Der Staat wartet auf die nächsten Demos.

ZWEITBILD | „Sie schwelgen im Luxus“, protestiert Sparkle Villongco
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| „Sie schwelgen im Luxus“, protestiert Sparkle Villongco © Felix Lill

Anlass für teils gewalttätige Proteste sind Korruptionsskandale. Ein konkreter Fall: Rund zwei Milliarden Franken für staatliche Maßnahmen gegen Überschwemmungen sind versickert. Im südostasiatischen Land ein bekanntes Problem: Ehe Regierungsmitglieder und Parlamentarier größere Probleme lösen, bedienen sie sich selbst. Bei Nationenvergleichen zur Korruptionsanfälligkeit schneiden die Philippinen schlecht ab. So fühlen sich viele Protestierende an etwas erinnert, das eigentlich nichts mit Machtmissbrauch zu tun haben sollte – und von diesem leidigen Thema doch überladen ist: Ein landesweit bekanntes Schuhmuseum. „Mir kommt vor, als hätten diese Politiker die Lehre des Museums nicht verstanden“, klagt die 31-jährige Kiko Rivera aus Manila, die über die letzten Wochen auch protestiert hat und in der Ausstellung war: „So viele Schuhe für eine einzige Person! Der blanke Hohn!“

Wer das „Marikina Shoe Museum“ besucht, versteht den Zusammenhang. Vitrinen mit bunten High Heels, Pumps aus Samt, Stiefeln aus Schlangenleder. Ponchie Santos vom lokalen Tourismusamt, der das Museum mitverantwortet, führt durch einen Raum mit hoher Decke und Steinwänden: „Wir stellen hier regelmäßig preisgekrönte Designs lokaler Studenten aus“, betont er. Offiziell soll das Museum die Schuhmachertradition des Bezirks Marikina hervorheben. Aber auch Santos weiß, dass viele Gäste aus Empörungslust kommen. An der Wand prangt ein großes Bild jener Frau, der die meisten der Hunderten hier ausgestellten Paare einst gehörten: Imelda Marcos, die 96-jährige Witwe des Ex-Diktators Ferdinand Marcos, der 1986 samt seiner Familie durch Straßenproteste aus dem Land gejagt wurde. Während ein Großteil der Menschen hungerte, hatten sich die Marcoses in Milliardenhöhe am Fiskus bereichert. Und Imelda kaufte davon sehr gern Schuhe.

„Mahnmal von Dekadenz und Protz“

„Natürlich ist das hier auch ein Mahnmal von Dekadenz und Protz“, so Ponchie Santos. Zumal dieser Tage. Denn Imelda Marcos, deren Familie das gestohlene Geld bis heute nicht zurückgezahlt hat, bleibt einflussreich: Die Marcoses sind längst ins Land zurückgekehrt, seit 2022 heißt der regierende Präsident gar wieder Ferdinand Marcos, Sohn des Ex-Diktators und Imelda. Der jüngste Korruptionsskandal belastet auch ihn.

Und er macht das „Marikina Shoe Museum“ höchstaktuell. Ein Blogpost der University of the Philippines klagt darüber, dass nach einem Umbau die aktuelle First Lady zur Wiedereröffnung eingeladen wurde. Eine Modezeitung mahnt, dass den Eliten heute deutlicher auf die Finger geschaut wird, wenn sie dem Luxus frönen. Model Sparkle Villongco will davon nichts wissen: „Es wäre so schön, wenn das Museum einfach nur unsere vielfältige Schuhtradition behandeln könnte.“