Ist es nun komplett zerstört, wie US-Präsident Donald Trump behauptet, oder nur um ein paar Monate zurückgeworfen, wie ein Bericht des Pentagon die Lage deutet - wie steht es um das iranische Atomprogramm tatsächlich? Dieser Frage gehen in der ZiB2 der Atomexperte Georg Steinhauser von der TU Wien und Armin Wolf nach.
Wie könne es sein, dass drei Atomanlagen bombardiert wurden, aber keine Radioaktivität freigesetzt wurde? Aus Steinhausers Sicht war das nicht zu erwarten. „Uran ist fast nicht radioaktiv“, so der Experte. Mit seiner sehr langen Halbwertszeit sei es eher ein Schwermetall als ein radioaktiver Stoff.
Große Sorge bereitet nun der Verbleib der 400 Kilogramm zu 60 Prozent angereicherten Urans. Diese Sorge bestätigte Steinhauser. 400 Kilogramm höre sich viel an, „diese Menge an Uran muss nicht großartig versteckt werden“ und würde gut und gerne in zwei Kartons passen, wie Armin Wolf in der ZiB2 demonstrierte. „Niemand glaubt daher, dass diese Menge bei der Bombardierung zerstört wurde“, so Steinhauser. Ist die Gefahr von iranischen Atombomben also noch nicht gebannt?
Wovon das Ende des iranischen Atomprogramms abhängt
Das hänge von mehreren Faktoren ab, so der Experte. „Theoretisch wäre es möglich, mit dem Uran zwar zehn Atombomben zu bauen, aber niemand hat je versucht, mit so schlecht angereichertem Material Atombomben zu bauen - das wäre unglaublich unpraktikabel.“ Die 400 Kilogramm seien eher als ein Ausgangsmaterial zu sehen, um dieses hochanzureichern. Dazu brauche es die Zentrifugen. Die Frage ist laut Steinhauser also eher, wurden die Zentrifugen zerstört?
Ob da das iranische Atomprogramm also wirklich Geschichte ist, gelte laut Experteneinschätzung, wenn die Zentrifugen durch das Bombardement, die Urankonversionsanlagen, der Schwerwasserreaktor und die Zentrifugenfabriken zerstört wurden. „Dann ist das iranische Atomprogramm tatsächlich am Boden.“
Die Rolle der Zentrifugen
Aktuell sei vor allem noch nicht klar, ob die hochsensiblen Zentrifugen noch intakt seien, so die Einschätzung Steinhausers. Die bunkerbrechenden Bomben sind wohl nicht oberflächennah detoniert, das würden die Satellitenbilder zeigen. Ob die Bomben in die nötige Tiefe eingedrungen sind, werde sich zeigen, wenn zum Beispiel seismische Daten ausgewertet wurden. Diese könnten bestätigen, wenn eine große Zentrifugenhalle 60 bis 90 Meter tief im Erdboden zerstört wurde. „Das wird aber noch dauern“, so Steinhauser.
Ob alle Zentrifugen zerstört wurden, oder nur ein Teil, sei aber entscheidend, wenn der Iran weiterhin plane, das Uran auf 90 Prozent anzureichern. Wie viele Zentrifugen man dafür brauche, ist für Steinhauser keine einfache Frage, weil es davon abhänge, wie schnell und wie viele Sprengköpfe man bauen wolle. „Wenn man nur einen will, geht das relativ schnell, mit wenigen Zentrifugen.“
Forschungsreaktor und AKW unbrauchbar
Entwarnung gab Steinhauser bezüglich des Forschungsreaktors in Teheran und des AKWs in Busheher. Diese Anlagen würden sich nicht eignen, waffenfähiges Material herzustellen, da die Qualität zu schlecht sei. Anders hingegen verhalte es sich mit dem Schwerwasserreaktor in Arak. Daher sei dieser auch zerstört worden.
Was will der Iran eigentlich mit 60-prozentig angereichertem Uran, wollte Wolf noch wissen. Hier hatte Steinhauser eine ganz klare Aussage: „Für die zivile Nutzung ist das unbrauchbar, für ein AKW braucht man drei- bis fünfprozentiges, für Forschungsreaktoren 20-prozentiges, alles darüber hinaus ist unglaubwürdig für die zivile Nutzung.“ Steinhauser sieht das angereicherte Uran des Iran als „Chip am Pokertisch der internationalen Diplomatie, um zum Beispiel Sanktionen loszuwerden“.