Während kürzlich der Baustellenlärm eines prächtigen Wasserrohrbruchs in meinem Kopf hinein- und hinausdröhnte, der Schreibtisch seismografisch erzitterte, und auch meine Zimmerpflanzen links und rechts im Takt des Schlagbohrers mit den Blättern nickten, dachte ich über die treue Gefolgschaft meiner Lieblingsgewächse nach. Ich lebe in einer grünen Hölle, einem Do-it-yourself botanischen Garten, einem Wohnzimmerdschungel, der sich nicht so sehr durch die Zahl, aber die schiere Größe mancher Pflanzen auszeichnet: an den Seiten meines Arbeitstisches steht jeweils ein drei Meter hoher Kaktus, im Badezimmer neben dem Wäschekorb eine Dieffenbachie wie zwei übereinandergestellte Menschen, die schon an die Decke stößt, mit Blättern, die auch einen Regenschirm ersetzen könnten in einem Unwetter, am Kopfende des Bettes eine grüne Säule, die in bis in den Himmel wächst, und nachts jeden rabiaten Schlafwandler aufhält.

Jede Pflanze hat eine Geschichte, hat auf irgendeine merkwürdige Art in mein Leben gefunden. Die Riesenkakteen holte ich nach verschiedenen Inseraten, dass sie zu verschenken waren, zu mir, und in allen Fällen traf ich beim Abholen auf Frauen, die die Giganten missmutig fortgeben mussten, weil sie ihren Männern zu groß geworden waren, die Ehegatten schienen sich von den Auswüchsen regelrecht bedroht zu fühlen, berichteten sie. Manche Blumen waren auf einem Flohmarkt von ihrem Besitzer ver- und zurückgelassen worden, und wurden kurzerhand eingepackt und adoptiert.

Das Badezimmerungeheuer, das einst ein winziges Problemblümchen war, hat mir ein lieber Mensch gerettet und ins Unermessliche hochgezogen, und seit er nicht mehr da ist, habe ich das Gefühl, auch die Pflanze vermisst ihn. Einmal kontaktierte mich nach einem Zeitungsinterview, in dem ich von meiner grünen Leidenschaft erzählte, Irmi Horn vom kunstGarten und schenkte mir einen Kaktus, der einst dem Dichter Wolfi Bauer gehört hatte, und ich konnte lange nicht aufhören vor Freude über das surreale Stück Literaturgeschichte zu lächeln.

Der Wolfi-Bauer-Kaktus nahm schlussendlich ein unglückliches, aber beeindruckendes Ende, denn allen Maßnahmen zum Trotz begannen giftig leuchtende Pilze in immer abstruseren Farben aus seiner Erde zu wachsen, ein Theater aus verrückten Mushrooms und strahlenden Schwämmen, und man konnte nicht anders, als zu denken, dass der Poet aus dem Jenseits einem Zeichen für einen magischen Nachmittag sendete. Obschon nicht jede gut ausgeht, sind all meine Pflanzengeschichten Erzählungen von Rettung und Liebe und Wachstum, und diese Tag für Tag um sich herum blühen zu lassen, scheint mir ein Glück. Es gäbe keine traurigen Gärtner, sagte meine Großmutter stets, und auch wenn ich weiß, dass man vor Traurigkeit nie gefeit ist, ist wahr, dass die gerade wildesten Gewächse einem manchmal ein konkreter und abstrakter Regenschirm im Leben sein können.