Jan Böhmermann hat jetzt auf die Anzeige des Anwalts Wolfgang List reagiert. Der hatte in einem Aufforderungsschreiben von dem deutschen Satiriker verlangt, er möge seine Aussage, in Österreich gäbe es "acht Millionen Debile", zurücknehmen. Wenn Böhmermann nicht innerhalb von sieben Tagen eine Unterlassungserklärung unterschreibt, würde er geklagt.

Böhmermann erhebt nun selbst "Strafanzeige" gegen Österreich - und zwar via Twitter. Da schrieb er am Samstagmorgen: "Ich habe soeben Strafanzeige gegen komplett Österreich wegen "Schwerer Herabwürdigung europäischer Grundwerte und Verbrechen gegen das gute Ansehen deutschsprachiger Menschen in der Welt" erstattet."

Zum Posting fügte er Fotos von Vizekanzler Strache hinzu.

Ausgelöst hatte den Wirbel ein Interview für den "Kulturmontag", in dem wo es eigentlich um die Ausstellung Böhmermanns in Graz ging. Einen Kommentar dazu lesen Sie hier.

Scharfe Kritik am ORF

Indess gibt es scharfe Kritik von heimischen Autoren an der ORF-Distanzierung von Böhmermanns Aussagen im "Kulturmontag":

"Wir distanzieren uns von der Distanzierung des ORF von den Äußerungen Jan Böhmermanns in seinem Interview mit dem ORF in der Sendung 'Kulturmontag' am 6.5.2019 anlässlich seiner Ausstellung im Grazer Künstlerhaus", heißt es in der Erklärung. "Wir distanzieren uns von der Bevormundung des Kulturpublikums durch den ORF, der meint, ihm erklären zu müssen, wie es die Äußerungen Böhmermanns zu verstehen hätte."

Unterzeichnet wurde das Schreiben neben Elfriede Jelinek von den Autoren Gerhard Ruiss, Gerhard Zeillinger, Eva Menasse, Kathrin Röggla, Doron Rabinovici und Marlene Streeruwitz. Bezug genommen wurde auch auf Anzeigen gegen Böhmermann durch die Wiener Anwaltskanzlei von Wolfgang List, der eine Herabwürdigung des Staates gegeben sah.

"Wir distanzieren uns von Selbstzensur und Zensur, auch wenn sie nicht als solche verstanden werden will", erklärten die Autoren weiters. Und: "Wir bestehen auf Mündigkeit des Publikums. Wir bestehen auf dem Recht eigenständigen Denkens und Handelns, ohne Zwangsrekrutierungen."

Distanzierung

Die Moderatorin des "Kulturmontag", Clarissa Stadler, hatte sich von regierungskritischen Aussagen des deutschen Satirikers Böhmermann in einem Interview distanziert. ORF-TV-Kulturchef Martin Traxl erklärte danach, es habe "keinerlei Druck von innen oder außen" dazu gegeben, sondern die Redaktion habe sich angesichts des höchstgerichtlichen Urteils zur "Nestroy"-Gala-Übertragung 2002 dazu entschieden. Demnach sei der ORF - der dem Objektivitätsgebot unterliegt - verpflichtet, sich von unsachlichen Äußerungen Dritter in seinen Sendungen zu distanzieren. Mit Stadlers Anmerkung habe der ORF also "nichts anderes getan als medienrechtliche Vorgaben einzuhalten".