Leserbriefe zum Offen gesagt: „Das Antlitz des Täters“, 15. 6.
Dem „Offen gesagt“-Beitrag ist eigentlich wenig hinzuzufügen, man kann ihn nur doppelt unterstreichen! Ja, es gibt die Neugier auf mehr Information über die Hintergründe der Tat bzw. zur Person des Täters. Aber wem nützt es eigentlich? Die Tat ist nicht mehr rückgängig zu machen, und die Gefahr von (irren) Nachahmungstätern könnte mit einer zu „präzisen Berichterstattung“ wohl auch bestehen. Nachdem es in unseren Breitengraden keine Sippenhaftung gibt, sind die Angehörigen, wie es der Polizeisprecher erwähnte, auch zu schützen.
Ich kann daher dem Redaktionsteam nur meine Zustimmung zum Ausdruck bringen, wenn „Haltung“ vor Boulevard geht. Peter Rudolf Hager, Graz
Offene Worte
Sehr geehrter Herr Patterer, werte Redaktion, ich danke Ihnen für die offenen Worte und Ihre Art, zu arbeiten. Der Boulevard ist für mich unerträglich, soziale Medien meide ich weitgehend. Genau deshalb ist die Kleine Zeitung „meine Zeitung“.
Mag. Angelika Granitzer, Maria Saal
An Nachahmer denken
Nach dem sehr traurigen Vorfall in Graz sind wir alle erschüttert und fragen uns nach dem Warum. Es wird auch viel in den Medien berichtet, und hier vor allem über den Attentäter. In manchen Medien werden von ihm sogar Fotos gezeigt und sein Name wird genannt. Das finde ich total falsch, denn werden so nicht andere Menschen mit denselben Problemen auch zu Amokläufen aufgestachelt? Sollten hier die Medien nicht besser über den Attentäter so wenig wie möglich berichten? Genügt es nicht, zu schreiben, dass er wahrscheinlich psychisch krank war?
Den Vorschlag des französischen Präsidenten Macron, Jugendlichen soziale Medien zu verbieten, halte ich auch für den falschen Weg. Jeder kann, wenn er will, über die Medien etwas herausbekommen bzw. finden. Sollte hier nicht eher die Politik gefordert werden, was (in solchen Fällen) gezeigt werden darf? Oder sollten Medien sich selbst Vorschriften auferlegen? Manche Medien berichten ja gerne als erste und sensationslüstern. Um keine Nachahmungstäter herauszufordern, sollte die Berichterstattung dementsprechend kurz und ohne ausführliche Täterbeschreibung erfolgen, die bei Fehlgeleiteten zur Verherrlichung führen könnten. Georg Pachta, Maria Enzersdorf
Zurückhaltung
An einem Tiefpunkt vieler Medien eine messerscharfe Abrechnung von Patterer mit den sensationsgeilen, rücksichtslosen und schamlosen Berichten in Wort und Bild nach dem Amoklauf in Graz. Aber solange derartige Grenzüberschreitungen nicht mit über sechsstelligen Strafen sanktioniert werden, wird sich leider nichts ändern. Diese kommerzsüchtigen Medien werden ihre schmutzigen menschenverachtenden Geschäftsmodelle weitgehend ungestraft weiterführen. Da sticht die behutsame, bedenkliche, unaufgeregte und sachliche Berichterstattung in Schwarz-Weiß beispielhaft hervor. Vielen Dank für eure Zurückhaltung. Thomas Fuhrmann, Altaussee
Nicht hinnehmen
Du bist ein freier Mensch in einer freien Gesellschaft. Es passieren schreckliche Dinge. Menschen sterben einen sinnlosen Tod. Es macht dich traurig, bringt dein Weltbild ins Wanken. Trauergottesdienste und -feiern, staatlich verordnet. Drei Tage Staatstrauer. Dir erscheint das nicht genug. Zusammenhalten, staatlich verordnet. Dir erscheint das zu wenig. Du willst keine Musik, weil sie verbindet. Du willst keine künstlich verordnete Gemeinschaft, weil sie ja hilft. Du willst keine hohlen Phrasen, die gut klingen, du willst nicht einfach weitermachen wie bisher. Du willst das Deine tun. Aufmerksamer hinschauen, ansprechen, was dir auffällt, mehr Gemeinschaft leben. Die Augen öffnen für die Welt, in der du lebst. Nichts einfach hinnehmen, auch nicht Patentrezepte der Politik und der Medien. Nimm es nicht hin.
Bleib du selbst in einer Welt, wo traurige Dinge geschehen. Öffne die Augen, die Ohren und dein Herz und reagiere auf die Menschen um dich. Erhebe die Stimme. Nimm es nicht hin! Dr. Christine Walder, Ferndorf
Respektlosigkeit
Meinen tiefsten Respekt den Mitschüler*innen, die den Mut gefunden haben bei der Trauerfeier zusammen aufzutreten und für ein Miteinander einzustehen. Das erfordert Mut. Mir ist es wichtig, dass man neben der Bewältigung des bereits Geschehenen auch den Mut hat, über Prävention zu sprechen. Natürlich kann man jetzt auf der einen Seite etwaige Verschärfungen des Waffengesetzes diskutieren und über Mobbing sprechen – alles wichtig und soll nicht untergehen. Aber ich finde auch, dass man über die Anonymität im Internet sprechen soll und muss. Zuletzt bin ich richtig erschrocken: In den sozialen Medien gibt es Videos (allen voran auf TikTok) wo der Amokschütze als Held gefeiert wird.
Zum einen ist es schrecklich, dass diese Videos mit den Fotos, die manche Zeitungen veröffentlicht haben, überhaupt erstellt werden, zum anderen sind die Kommentare der reinste Horror. Hier ist es teilweise schwer zu überprüfen, ob es sich um extrem falschen Humor handelt oder um mögliche Nachahmer. Wenn Worte wie „Held“ im Zusammenhang mit einem Terroristen verwendet werden, ist es schrecklich - von der Respektlosigkeit den Opfern gegenüber ganz zu schweigen. Ich bin überzeugt davon, dass die Möglichkeit jeden Blödsinn im Internet hinter der Maske der Anonymität zu posten, ein Ende haben muss. Tobias Pirker, Graz
Tapfere Jugend
Ich ziehe den Hut, nicht nur vor den Grazer Jugendlichen. Weiterhin so viel Mut und Liebe für die Zukunft. Marianne Fischer, Ebenthal
Das Böse
Titel: „Bitte liebe Regierung, ändern Sie was!“, 16. 6.
Keine Regierung, keine Gesetze, keine Herrscher dieser Welt können das Wesen des Menschen ändern. Schon seit Anbeginn der Schöpfung, als Kain, Abel aus Eifersucht erschlug, gibt es das Abgründige in der menschlichen Seele. Jeder von uns trägt dies in sich. Jeder von uns muss immerzu daran arbeiten, dass diese Abscheulichkeit niemals Überhand gewinnt. Bitten wir Gott jeden Tag darum, dass das Gute in uns siegen möge. Hören wir einander zu. Viel Kraft den Hinterbliebenen dieser Tragödie. Christian Zenz, Krieglach