Fast zehn Jahre lang ging es gut, jetzt zieht Adidas die Reißleine: Unter anderem wegen antisemitischer Äußerungen kündigt der fränkische Sportartikelhersteller die Zusammenarbeit mit Rapper Kanye "Ye" West. "Die jüngsten Äußerungen und Handlungen von Ye sind inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich", heißt es in einer Mitteilung von Adidas. Das Unternehmen dulde keinen Antisemitismus und auch keine andere Art von Hassrede.

Adidas teilte weiter mit, dass das Unternehmen nach eingehender Prüfung die Entscheidung getroffen habe, die Partnerschaft mit West mit sofortiger Wirkung zu beenden, die Produktion von Produkten der Marke Yeezy einzustellen und alle Zahlungen an den Künstler und seine Unternehmen zu stoppen. Zuletzt hatte auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Aufkündigung des Vertrages gefordert. Nun begrüßte die Organisation die Entscheidung als "überfällig".

Vorübergehend gesperrt

West war in diesem Monat sowohl von Instagram als auch von Twitter zumindest vorübergehend gesperrt worden. Auf beiden Plattformen hatte er unter anderem antisemitische Kommentare gepostet, die als Aufruf zur Tötung von Juden interpretiert wurden. Auch seine Ex-Frau Kim Kardashian hatte sich - wie zahlreiche andere US-Promis - jüngst gegen jegliche Art von Antisemitismus gestellt.

Trotz dieser psychischen Probleme werden Wests umstrittene bis justiziablen Äußerungen immer wieder öffentlich diskutiert. So zum Beispiel nächtliche Twitter-Tiraden gegen Kim Kardashian, der er Untreue vorwarf. Dann sorgte West 2020 mit einer Bewerbung für das US-Präsidentenamt, die wegen nicht eingehaltener Regularien nicht durchging, für Aufsehen. In schusssicherer Weste hielt der Rapper damals einen ausschweifenden egozentrischen Monolog, bei dem er schließlich in Tränen ausbrach. West gilt zudem als Unterstützer des ehemaligen Präsidenten Donald Trump.

Ideendiebstahl vorgeworfen

Zuletzt provozierte der 45-Jährige nicht nur mit seinen antisemitischen Äußerungen, sondern auch mit einem Slogan gegen die "Black Lives Matter"-Bürgerrechtsbewegung in den USA. Anfang Oktober hatte er bei der Pariser Modewoche mit dem T-Shirt-Aufdruck "White Lives Matter" für wütende Reaktionen gesorgt. Antirassismus-Organisationen stufen den Satz als rassistische Reaktion auf "Black Lives Matter" ein, die sich gegen Gewalt gegen Schwarze einsetzt. Immer wieder versteigt West sich auch in Verschwörungstheorien.

Die Auflösung des Vertrags mit dem Sänger dürfte Adidas nun wirtschaftlich empfindlich treffen. "Angesichts der starken Saisonalität des vierten Quartals dürfte sich dies kurzfristig mit bis zu 250 Millionen Euro negativ auf den Nettogewinn des Unternehmens im Jahr 2022 auswirken", teilte das Unternehmen dazu mit. Adidas sei der alleinige Inhaber aller Designrechte an bestehenden Produkten sowie an früheren und neuen Farbgebungen im Rahmen der Partnerschaft. West hatte dem Unternehmen unter anderem auch Ideendiebstahl vorgeworfen.

1,7 Milliarden Euro Umsatz

Adidas arbeitete seit 2013 mit Kanye West zusammen, ab 2016 mit neuer Grundlage. Damals nannte die Firma die Zusammenarbeit "die bedeutendste Partnerschaft aller Zeiten" zwischen einem Sportartikelhersteller und einer Persönlichkeit jenseits des Sports. "Kanye ist ein echter Creator, der Dinge sieht, die andere nicht sehen", hatte das damalige Adidas-Vorstandsmitglied Eric Liedtke sich zitieren lassen.

Der Umsatz mit den stylischen Schuhen, Kleidung und Accessoires soll 1,7 Milliarden Euro betragen haben - das sind immerhin rund sieben Prozent des Gesamtumsatzes der Marke. Neben dem Konflikt mit Kanye kämpft Adidas derzeit noch mit weiteren Problemen. Konzernchef Kasper Rorsted ist nur noch auf Abruf im Amt - Adidas sucht einen Nachfolger für den zuletzt in die Kritik geratenen Dänen.

Grundsätzlich versucht die Sportartikelindustrie seit Jahren, zugkräftige Idole nicht nur im Sport als Partner zu gewinnen. Für den Adidas-Lokalrivalen Puma ist etwa die Sängerin Danna Paola am Start, für den US-Branchenprimus Nike ging 2020 der Rapper Drake an den Start.