Elegante Eisenstrukturen, eine Bahnhofsuhr. Die Terrasse der Bodega Vinorum in Luján de Cuyo ist einem Bahnsteig nachempfunden. Man kann es sinnbildlich sehen: Denn auf dem Weingut in der Provinz Mendoza am Fuße der Anden beginnt die Reise in die Welt des argentinischen Weins. Trockenes Mikroklima, die Höhenlage, der steinige Boden eines ehemaligen Flussbetts: „Ende des 19. Jahrhunderts haben schon die ersten Migranten aus Italien verstanden, dass hier der ideale Ort zum Weinanbau ist“, sagt die Besitzerin der Bodega, Cecilia Buj De Altieri, und schenkt zur Einstimmung einen köstlichen Chardonnay namens Regina Bianca ein, dessen Reben auf 1250 Meter Höhe wachsen.

Das Weingut aus den 1930er-Jahren bietet nicht nur die am häufigsten ausgezeichneten Spitzenweine Argentiniens, sondern in seinem kleinen Museum mit uralten Holzfässern und Produktionsutensilien auch tröpfchenweise Vergangenheit. Draußen stehen alte Produktionsmaschinen und Kutschen, mit denen früher die Reben transportiert wurden.

Im Sattel zur nächsten Verkostung

Auf dem Fahrrad strampelt man durch unendlich erscheinende Weinlandschaften. Renacer, Terrazas de los Andes – auf der rund zehn Kilometer langen Tour zeigt Guide Ignacio Mezzatesta von „Wine and Ride“ die Vielfalt unterschiedlichster Bodegas in der Region. Fast tausend Weingüter gibt es in der Provinz Argentiniens. Rund 180 können besucht werden und bieten Weinproben mit Degustationsmenüs an. In der futuristischen Bodega Bonfanti endet die Rundfahrt mit einem köstlichen Mittagessen und kräftigem Malbec-Rotwein zwischen Rebstöcken und Olivenbäumen.

Die rund 900 Kilometer westlich von Buenos Aires gelegene Region Mendoza am Fuße der Anden ist mit Abstand das bedeutendste Weinbaugebiet Argentiniens. „Hier werden fast 70 Prozent sämtlicher Weine des Landes produziert“, sagt Mezzatesta. Grundsätzlich ist Mendoza eine Trockensteppe, die teils von kleineren Sandwüsten durchzogen ist. 300 Tage im Jahr scheint die Sonne. Allerdings sorgen die Höhenlagen der Weinberge von durchschnittlich 1200 Metern für milde Temperaturen. Die säurearmen und kalkreichen Böden sind vor allem für den Malbec optimal. Doch auch für die fruchtige Weißweinsorte Torrontés, die heute nur noch in Argentinien wächst.

Reben auf 2100 Meter Höhe

Das Herz der Weinregion und der Malbec-Weine ist das Uco-Tal, dessen Weine über eine eigene Herkunftsbezeichnung verfügen. Hier werden die Reben auf bis zu 2100 Meter Höhe angepflanzt. Nicht ohne Grund hat die französische Önologen-Legende Michel Rolland hier seine Bodega Clos de los Siete eröffnet.

Doch persönlicher geht es bei SuperUco zu. So heißt die kleine Familien-Bodega, auf der Gabriel Michelini und seine drei Brüder ihre köstlichen Autorenweine herstellen. So nennen sich edle, oft limitierte Tropfen, mit denen sich Weinmacher individuell verwirklichen. Auch die Brüder beschränken ihre biodynamisch erzeugten Auflagen auf je 35.000 Liter. Auf dem nur zwei Hektar großen Gelände gedeihen Merlot, Malbec und Cabernet Franc. Die Weine reifen in Fässern in Form von Amphoren und von Künstlern verzierten Eiern. Michelini hebt hervor, dass für die Gärung von Zucker zu Alkohol nicht wie üblich Hefekulturen verwendet werden, „sondern Früchte und Getreidekörner der indigenen Bevölkerung“.

Lagerfeuerromantik auf Argentinisch

Auf der Terrasse mit Blick auf die selbst im Sommer verschneiten Anden oder bei Pferdeausflügen in bergige Höhen kann man die Weine am Lagerfeuer genießen, an dem natürlich auch argentinische Steaks zubereitet werden. Wir speisen jedoch bei Michelinis Nachbarn. Gleich fünf Bodegas befinden sich in unmittelbarer Umgebung. Im „The Vines Resort & Spa“ aber rangiert raffiniertes Essen auf dem Niveau der Spitzenweine. Hier unterhält der in ganz Südamerika bekannte „Grillmeister“ Francis Mallmann sein Sterne-Restaurant „Siete Fuegos“ („Sieben Feuer“). Im Stil argentinischer Gauchos grillt Mallmann aber nicht einfach die typischen Rinderhälften auf doppeltem Holzkreuz am Feuer, sondern entwickelte ein Art „Haute Cuisine“ am offenen Feuer, bei der Regionalküche auf französische Finesse trifft.

Für seine Spitzenküche ebenfalls bekannt ist die Bogeda Norton, die neben einem riesigen Weinkellerlabyrinth auch Fahrradtouren durch die umliegende Weinplantage anbietet. Dabei finden die Kostproben zwischen den Reben statt. Ein weiteres kulinarisches Erlebnis erwartet Besucher in der Ziegelstein-Bodega Lagarde, einem der ältesten Weingüter Mendozas von 1897. Bevor man sich an den Tisch setzt, geht es mit Gärtner Maximilian Balboa in den duftenden Garten, wo die Gäste roten Salbei, lilafarbene Karotten, Himbeeren, Kräuter und essbare Blumen für die Gerichte ernten.

Unter Anweisung der Köche Augusto García und Guido Gonnet lernen die Besucher in der offenen Küche anschließend, argentinische Regionalgerichte zuzubereiten. Während einige cremige Ricottas mit Roten Rüben und Himbeeren zaubern, schieben andere ihre Empanada-Teigtaschen in den Tonofen. Zum Acht-Gänge-Menü mit Blick auf Rebstöcke im Greisenalter werden Weine der Bodega kredenzt.

Selbstgekochtes Essen vor uralten Reben

Guter Wein, gutes Essen – Mendoza ist eine Adresse für Feinschmecker. Dabei bieten die Bodegas auch Aktivitäten an: Zwischen Weintraubenkulturen können Besucher Yoga praktizieren oder ab Februar bei der Weinlese helfen. Das Weingut Casa de Uco wiederum organisiert Reitausflüge. Die Bodega mit Designhotel und Spa liegt spektakulär auf 1200 Metern in unmittelbarer Nähe der Anden. Auf dem Ritt durch die Weinberge erzählt Jenny Adriazola von der Geschichte der Bodega und der Region, erklärt die Pflanzen- und Tierwelt, während Füchse und Wildhasen den Pfad kreuzen. Wer mehr Abenteuer sucht, kann mit Jenny auch weiter ins Gebirge vordringen, wo man gigantische Andenkondore mit einer Spannweite von bis zu drei Metern, die den Lamas ähnlichen Guanakos, und – mit sehr viel Glück – sogar Pumas sehen kann.

Danach heißt es: entspannen. Die meisten Besucher ruhen sich am Außenpool mit Blick auf die Weinberge aus, bevor am Abend abermals erstklassige Regionalküche auf den Teller kommt. Heißer Tipp ist das gewaltige Tomahawk-Steak. Denn nicht nur im Weinbau sind die Argentinier wahre Könner, sondern auch im Grillen.