"Bei Fahrerflucht, unterlassener Hilfeleistung, Unfällen wegen Alkoholmissbrauchs oder Raserei sieht das Gesetz auch auf der Piste harte Strafen vor", erklärt Nikolaus Authried von der ÖAMTC-Rechtsberatung. Als Unfallverursacher bzw. Mitschuldige einfach davonzufahren und die verunfallte Person auf der Piste ihrem Schicksal zu überlassen, kann schwerwiegende Folgen für alle Beteiligten nach sich ziehen. Das Worst-Case-Szenario für Unfallopfer: Ohne Personaldaten der oder des Schuldtragenden können keine Schadenersatzansprüche geltend gemacht machen.

"Personen, die an einem Unfall beteiligt sind und eine verletzte Person einfach zurücklassen, machen sich strafrechtlich schuldig", erklärt der ÖAMTC-Rechtsberater. "Für dieses rechtswidrige Fehlverhalten auf der Skipiste droht Schuldigen je nach Unfallfolge eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bzw. eine Geldstrafe im Ausmaß von bis zu 720 Tagessätzen." Dazu muss man freilich sagen: In den meisten Fällen wird eine "diversionelle Erledigung" angeboten, diese hat keinen Eintrag ins Strafregister zur Folge und wird zumeist als Geldstrafe abgehandelt. Lesen Sie hier über die Folgen von Alkohol auf der Piste.

Unterlassene Hilfeleistung wird allerdings in jedem Fall streng geahndet – unabhängig davon, ob man an einem Unfall schuld ist oder nicht. Vor Kurzem beging ein Snowboarder am Kreischberg Fahrerflucht, nachdem er mehrere Personen auf der Trasse eines Schleppliftes zu Fall gebracht hatte – ein Video ging dabei viral. "Helfen ist Pflicht, und wer nicht selbst helfen kann, muss zumindest Hilfe organisieren", betont Authried. Die Unfallstelle sollte so wie im Straßenverkehr abgesichert werden: "Am besten benutzt man Ski oder Stöcke, die man etwas weiter oben auf der Piste überkreuzt in den Schnee steckt. Damit sind Ski- und Snowboardfahrerinnen und -fahrer gewarnt und können rechtzeitig ausweichen."

Jetzt kommt es auf Zeugen an

Um den Hergang eines Pistenunfalls zu rekonstruieren und die Verschuldensfrage klären zu können, sind Zeuginnen und Zeugen nötig. Dazu sagt Authried: "Wer Zeugin oder Zeuge eines Unfalls auf der Skipiste wird, ist verpflichtet, zur Verfügung zu stehen und die eigenen Daten bekannt zu geben." Überdies sei es sinnvoll, gleich Fotos zu machen, um etwa die Sicht- und Pistenverhältnisse zum Unfallzeitpunkt zu dokumentieren. Und hier sind wir auch schon bei der Frage, was zu tun ist, wenn man verletzt auf der Piste liegt und der "Unfallgegner" davonrast. "In der Praxis kommt es hier fast immer auf die Unterstützung von Zeuginnen und Zeugen an. Notfalls können diese dem Flüchtigen nachfahren bzw. diese Person am Wegfahren hindern", sagt der Jurist.  Bei Unfällen sei außerdem auch eine Haftung Dritter, etwa des Pistenbetreibers, möglich – z. B. wegen mangelhafter Pistenpräparierung. Lesen Sie hier mehr zur Haftung auf gefährlichen Pisten.

Auf der Piste gelten die Regeln der FIS

Alkoholisierte oder besonders rücksichtslose Skifahrer stellen für alle anderen auf der Piste eine große Gefahrenquelle dar und müssen im Fall eines Unfalls auch mit höheren Strafen rechnen. Eigene "Skigesetze" gibt es freilich nicht. "Zur Klärung der Schuldfrage bei Pistenunfällen werden grundsätzlich die Regeln des Internationalen Skiverbands (FIS) herangezogen. Diese gelten laut Rechtsprechung als Sorgfaltspflichten, die von Ski- und Snowboardfahrerinnen und -fahrern unbedingt zu beachten sind", erklärt der ÖAMTC-Experte. Lesen Sie hier alle zehn Regeln der FIS.

Für das Unterwegssein auf der Piste sind sie ähnlich wichtig wie die Grundregeln des Straßenverkehrs beim Auto- oder Fahrradfahren. Die Einhaltung dieser zehn Verhaltensregeln soll ein sicheres Wintersporterlebnis für alle gewährleisten: beginnend bei der Rücksichtnahme auf andere über angepasste Geschwindigkeit, die richtige Wahl der Fahrspur sowie sicheres Überholen und Anhalten bis hin zur Beachtung der Pistenmarkierung. "Und für den Fall, dass jemand verunfallt, schreiben die Pistenregeln die Pflicht zur Hilfeleistung vor – ebenso wie die unbedingte Angabe der eigenen Personalien als Zeuge oder Schuldtragende bzw. Schuldtragender."

Ist der Person, die einen Unfall verursacht hat, rechtswidriges Verhalten vorwerfbar, weil zumindest eine der Pistenregeln missachtet wurde, dann ist diese Person grundsätzlich schadenersatzpflichtig: etwa im Sinne eines Kostenersatzes für medizinische Behandlungen und Therapien bzw. auch Schmerzensgeld. "Ist man haftpflichtversichert, wird der schuldhaft verursachte Schaden in der Regel von der Versicherung übernommen. Häufig enthält eine abgeschlossene Haushaltsversicherung auch eine Haftpflichtversicherung – das ist aber nicht immer der Fall. Vor dem Skiurlaub sollte man sich daher vergewissern, ob man tatsächlich über einen aufrechten Haftpflichtschutz verfügt", rät Authried.