Auf der Onlineplattform lebensmittelcheck.at des VKI sind 2021 mehr Beschwerden zu Lebensmitteln eingegangen als je zuvor. Die mit Abstand meisten Einsendungen betrafen dabei Süßigkeiten und Snacks. Vor allem Mogelpackungen oder die Ressourcenverschwendung durch überdimensionierte Verpackungen sorgten für Verdruss. Verbraucher achten zunehmend auch darauf, was in den Lebensmitteln steckt. Fragwürdige Zutaten stoßen den Konsumenten sauer auf. Auch die Herkunft von Lebensmitteln rückt zunehmend in den Fokus. Immer weniger Menschen wollen akzeptieren, dass wir Lebensmittel, die auch hierzulande angebaut oder produziert werden können, über Tausende Kilometer importieren.

Aus gut 100 Produkten, die im vergangenen Jahr im Lebensmittel-Check veröffentlicht wurden, wurden vom VKI 10 besonders stark kritisierte Produkte für den Schmähpreis KONSUM-Ente des Jahres 2021 nominiert und zur Wahl gestellt. Insgesamt beteiligten sich 8.681 Personen – die meisten via Facebook – an der Abstimmung, das sind rund 2500 mehr als im Vorjahr.

Schadstoffe im bunten Zucker-Streudekor

Der Hauptpreis geht an die deutsche Dr. Oetker GmbH. Die Firma, die auf ihrer österreichischen Website mit den Schlagworten "Vertrauen, Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit" wirbt und ihr besonderes Verantwortungsbewusstsein hervorkehrt, mischt hierzulande den problematischen Lebensmittelzusatzstoff Titandioxid in ihr Kuchendekor (z. B. Party Mix, Rainbow Mix). Der als E 171 gekennzeichnete weiße Farbstoff wurde im Mai vergangenen Jahres von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als "nicht sicher" eingestuft. Die Substanz steht aber schon seit Längerem im Verdacht, schädlich auf Körperzellen zu wirken und möglicherweise Krebs zu verursachen. In Frankreich ist E 171 deshalb bereits seit Jänner 2020 in Lebensmitteln verboten.

Folgerichtig setzt Dr. Oetker in seinem Kuchendekor, das in Frankreich verkauft wird, kein Titandioxid mehr ein. Der Konzern hat E 171 vor einiger Zeit auch aus den deutschen Produkten verbannt. In Österreich hingegen waren noch im Herbst 2021, zum Zeitpunkt unserer Erhebung also, Kuchen-Dekors von Dr. Oetker auf dem Markt, die Titandioxid enthielten. Die Firma ließ die Konsumentenschützer wissen, dass die Umstellung in Österreich im Gang sei und die Produkte bis spätestens Ende 2022 frei von E 171 sein sollten. "Da muss sich Dr. Oetker etwas mehr beeilen, denn, nachdem die Firma uns über den Titandioxidverzicht informierte, hat die EU beschlossen, dass bereits ab Sommer 2022 keine Produkte mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, die E 171 enthalten. Für uns ist das Verhalten von Dr. Oetker ein Fall von Doppelmoral. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Abstimmung sahen es genauso: Fast die Hälfte ärgerten sich extrem, weitere 25 Prozent sehr über dieses Produkt", erklären die Konsumentenschützer.

Platz zwei fürs S-Budget-Baguette von Spar

Auf dem Etikett des S-Budget-Baguettes von Spar ist Frankreich als Herkunft angegeben. Das Weißbrot wird also Hunderte Kilometer weit bis nach Österreich transportiert, obwohl viele heimische Bäckereien ebenso Baguette backen und verkaufen. Der Hinweis auf die Herkunft ist bei Backwaren nicht vorgeschrieben, er kann freiwillig erfolgen. Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass Spar den Verweis auf das "Baguette-Mutterland" Frankreich zu Werbezwecken einsetzt. Das belegt auch die Stellungnahme, die Spar an die Konsumentenschützer schickte: Man greife nur bei regionstypischen Spezialitäten, bei denen jeder Konsument automatisch an die traditionellen Herkunftsländer denke, auf Hersteller aus diesen Ländern zurück. Die Hersteller seien auf diese Produkte spezialisiert und könnten daher eine besonders hohe Qualität liefern. Bei vielen Konsumenten scheint dies allerdings, wie die Abstimmung des VKI zeigt, nicht so gut anzukommen. Knapp 40 Prozent ärgerten sich extrem, fast 24 Prozent sehr über das weit gereiste Baguette. "Viele Konsumenten achten zunehmend auf kurze Transportwege und ziehen regional produzierte Lebensmittel vor. Auch wir sind der Meinung, dass ein Baguette nicht durch halb Europa reisen muss, bevor es in einem österreichischen Supermarkt im Regal landet", heißt es beim VKI.

Platz drei für die Bio-Nuss-Creme von Billa

Anfang 2021 hat Rewe in Österreich eine Nuss-Nougat-Creme der neuen Eigenmarke Billa Bio auf den Markt gebracht. In dieser ist unter anderem Palmöl enthalten. Viele Konsumentinnen und Konsumenten lehnen Palmöl in Lebensmitteln ab. Für Palmölplantagen wird großflächig intakter Regenwald gerodet. Die Ausweitung der Plantagen hat zudem gravierende Folgen für die lokale Bevölkerung. Auch wenn bei Bio-Palmöl keine synthetischen Pestizide eingesetzt werden dürfen, ist der Konsum aufgrund der enthaltenen Fettschadstoffe umstritten. Viele Hersteller haben mittlerweile auf die Kritik von Verbrauchern und Umweltorganisationen reagiert und das Palmöl in ihren Produkten gegen andere pflanzliche Öle ausgetauscht. "Warum Rewe bei einem neu lancierten Produkt neben Sonnenblumenöl auf einen Anteil an Palmöl setzt, bleibt unverständlich, zumal der Konzern seine bekannte Bio-Linie 'Ja! Natürlich' explizit als 'palmölfreie Zone' deklariert hat und entsprechend bewirbt. Wir können gut nachvollziehen, warum sich mehr als ein Drittel der Abstimmenden extrem über dieses Produkt ärgerten", heißt es beim VKI.