Egal ob für die Arbeit, die Ausbildung oder in der Freizeit – zahlreiche Menschen verbringen mehrere Stunden ihres Tages vor unterschiedlichen Formen von Bildschirmen. Die Geräte können deshalb schon einmal heißlaufen. Dass sich jede Bewegung, die der Mensch im digitalen Raum macht, in weiterer Folge auf die Umwelt und den CO₂-Ausstoß auswirkt, ist vielen dabei häufig gar nicht bewusst.

Während sich Alltagstätigkeiten der Menschen bereits vor der Coronapandemie vielfach auch in den digitalen Raum verlagert haben, hat Covid der Entwicklung noch einmal einen zusätzlichen Schub versetzt. "Alle Prozesse, die sich im digitalen Raum abspielen, laufen am Ende über einen Server und benötigen Rechenleistung und in weiterer Folge Strom, dessen Gewinnung Emissionen erzeugt", erklärt Andreas Trügler vom Institute of Interactive Systems and Data Science an der TU Graz.

Das Internet vergisst nicht

Durch die Integration des digitalen Raums in den Arbeitsalltag in Form von Videokonferenzen und die immer breiter werdenden Möglichkeiten des Internets steigen die Ansprüche an die Rechner stetig. "Mit jeder Weiterentwicklung braucht es stärkere und schnellere Systeme, die den Ansprüchen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht werden, all diese Dinge verbrauchen Ressourcen. Dabei sprechen wir noch gar nicht darüber, was benötigt wird, um die Geräte überhaupt einmal zu bauen", weiß Trügler. Ein weiterer Faktor ist die Kühlung, um die Server vor der Überhitzung zu bewahren.

Andreas Trügler arbeitet an der TU Graz am Institute of Interactive Systems and Data Science
Andreas Trügler arbeitet an der TU Graz am Institute of Interactive Systems and Data Science © TU Graz

Auch die Folgen der Datenspeicherung seien nicht außer Acht zu lassen, weiß er. "Das Internet vergisst nichts, in jeglicher Hinsicht. Eine unzählige Menge an Daten liegt auf ewig auf Servern und Rechnern, auch das erzeugt einen CO₂-Fußabdruck. Damit beschäftigt sich die Forschung gerade. Wir wissen natürlich, dass Videomaterial mehr CO₂ verursacht als eine E-Mail ohne Anhang", sagt der Experte, der auch an der Reduzierung des Ressourcenverbrauchs bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz forscht.

90 Gramm CO₂ pro Stunde

Vor allem der Videokonsum über Mobilfunk erzeugt eine nicht unerhebliche Menge an Emissionen, das hat das Bundesumweltamt in Deutschland 2020 in einer Untersuchung festgestellt. Werden Videos in HD-Qualität am Handy konsumiert, erzeugen diese bei der Nutzung von 5G fünf Gramm CO₂ pro Stunde, mit 3G sind es sogar 90 Gramm. Zum Vergleich: Die Produktion eines Papiersackerls erzeugt 60 Gramm Kohlendioxid. Noch am umweltfreundlichsten ist der Konsum von HD-Videos über ein Glasfaserkabel, damit sind es zwei Gramm, die in der Stunde an CO₂ erzeugt werden.

Eine Studie von Renee Obringer aus dem Jahr 2021 nahm die Treibhausgasemissionen von Videostreaming ebenfalls genauer unter die Lupe. Die Erkenntnis: Bei vier Stunden Videostreaming in HD-Qualität pro Tag werden in einem Monat 53 Kilogramm CO₂ erzeugt, bei Standard-Qualität sind es 2,5 Kilogramm. "Die Qualität ein wenig runterzuschrauben, senkt die Emissionen also erheblich", sagt auch Julia Danzer vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Uni Graz.

Julia Danzer hat sich mit den Treibhausgasemissionen der Uni Graz beschäftigt
Julia Danzer hat sich mit den Treibhausgasemissionen der Uni Graz beschäftigt © Uni Graz

Handy einfach mal daheim lassen

Gemeinsam innerhalb des Carbon-Managements-Teams erhob sie den Ausstoß der Treibhausgasemissionen der Uni Graz für die Jahre 2015 bis 2019, welcher im Mittel 20.500 Tonnen pro Jahr ausmachte. Einbezogen wurden alle Faktoren wie Mobilität, Energie, Ressourcen und Gebäudeerhaltung. "In den Pandemiejahren 2020 und 2021 haben wir auch die Auswirkungen von Video-Streaming in der Treibhausgasbilanz das erste Mal mit abgeschätzt. Videostreaming und Online-Meetings im Bereich des Ressourcenverbrauchs sind nicht zu vernachlässigen", sagt Danzer.

Im Vergleich dazu habe sich das Reiseverhalten der Studierenden und Lehrenden in den Pandemiejahren stark verändert. "Dienstreisen erzeugen natürlich um einiges mehr Emissionen als Videostreaming, deshalb sind in diesem Fall Online-Konferenzen hinsichtlich der Emissionsverminderung die bessere Option, doch diese beiden Bereiche sind dennoch schwer zu vergleichen", so die Expertin. Um die Erzeugung von Emissionen durch die digitale Welt zu reduzieren, hat unterdessen Trügler nur einen wirklich effizienten Tipp: "Das Handy einfach einmal daheim lassen und rausgehen, anstatt sich durch Social Media zu scrollen."