In ganz Österreich gebe es weniger Psychiater mit Kassenvertrag als im Raum Basel in der Schweiz. Wichtige Psychopharmaka werden nicht erstattet und in Spitalsabteilungen fehlt Personal: So liest sich die Mängelliste, die führende Psychiater am Freitag vorgelegt haben. Anlass ist der internationale Tag der seelischen Gesundheit am kommenden Montag (10. Oktober).

"Die Welt ist im Umbruch", sagte pro mente Präsident Werner Schöny. "Es steigt der Pegel der Angst. Die sozialen Verhältnisse spielen eine wesentliche Rolle. Wir haben eine zunehmende Zahl von Menschen die in Armut leben. Wir haben Flüchtlinge mit Traumata, die behandelt gehören." Die Psychiatrie stehe vor dem Problem, dass die Menschen "oft viel zu spät" in Behandlung kommen.

Weniger als 150 Kassen-Ärzte

Der Wiener Psychiater Georg Psota, bis vor einiger Zeit Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, verwies auf die offenbar eklatanten Versorgungsmängel in der Psychiatrie auf Krankenkassenkosten in Österreich: "Wir haben in Österreich weniger als 150 Fachärzte für Psychiatrie mit Krankenkassenvertrag."

Die Psychiatrie sei das einzige Fach, in dem es viermal so viele Wahlärzte (privat zu zahlen) gebe als Kassenärzte. "Allein im Raum Basel in der Schweiz gibt es mehr via Krankenkasse erreichbare Psychiater als in ganz Österreich", betonte Psota. Der Kanton Basel-Stadt hat rund 200.000 Einwohner, Österreich mehr als acht Millionen. Das gehe in Richtung "Klassen-Medizin".

Medikamente vorenthalten

Weiters stünden zwar neue Medikamente zur Verfügung, doch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger gestatte bei mehreren von ihnen keine routinemäßige Bezahlung. "Für den Großteil der Patienten heißt das: Ihnen werden Therapieoptionen schlicht und einfach vorenthalten", sagte Wolfgang Fleischhacker, vom Department Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Innsbruck. Dabei fehlt es laut den Experten in Österreich gleichzeitig auch am ausreichenden Zugang zu Psychotherapie auf Kassenkosten.

450 Euro pro Jahr

Fleischhacker betonte: "Derzeit geben wir für die Behandlung von psychisch Kranken jährlich rund 800 Millionen Euro aus. Der Großteil davon entfällt auf Kosten für die Spitalsbehandlung. Die Medikamentenkosten machen nicht einmal zehn Prozent aus."

So koste die Behandlung von Patienten mit einem neuen Antidepressivum rund 450 Euro im Jahr. "Das ist nicht einmal das Zwanzigstel der Kosten, die für die medikamentöse Behandlung anderer chronischer Erkrankungen wie Diabetes oder die Schuppenflechte aufgewendet werden."