Frau Kernegger, Sie begleiten mein Fasten-Projekt von Beginn an. Wie viele andere habe auch ich oft das Gefühl, gegen Windmühlen anzukämpfen. Kann man als Einzelner überhaupt etwas verändern?
Lisa Kernegger: Definitiv ja, alle in der Kette tragen Verantwortung. Das beginnt mit der Politik, mit Industrie und Handel und geht weiter bis zum Konsumenten. Freilich ist es alleine schwer, aber wenn viele Kunden nach plastikfreien Alternativen fragen, wird ein Druck aufgebaut, so entsteht eine kritische Masse. Man muss für eine Änderung der Rahmenbedingungen lobbyieren.

Warum ist es so schwer, Plastik wegzulassen?
Man hat als Kunde oft gar keine Wahlfreiheit – will man kein Plastik, muss man auf bestimmte Dinge komplett verzichten. Vor 20 Jahren gab’s die meisten Säfte noch in Mehrwegflaschen, jetzt gibt es diese Möglichkeit kaum mehr. Daher fordern wir auch eine verpflichtende Mehrwegquote. So hätte der Konsument wenigstens die Wahl, ob er zu Plastik oder Glas greift.

Stichwort Glas: Seit ich auf Plastik verzichte, häuft sich der Glasmüll. Ist das nachhaltiger?
Einwegglas hat leider eine ganz schlechte Öko-Bilanz. Tatsächlich ist bei Getränken Tetrapack die bessere Lösung. Recyceln ist die schlechteste aller guten Optionen, das Schlagwort heißt Abfallvermeidung. Mehrweg-Lösungen sind definitiv besser als alles, was ich nach einmaliger Nutzung wegwerfe.

Also ist Plastik für die Umwelt manchmal sogar besser als Glas?
Leider ja. Nicht-Entsorgen ist das A und O.

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Und Dosen?
Dosen sind auch ganz schlecht, die haben eine katastrophale Öko-Bilanz.

Lisa Kernegger
Lisa Kernegger © Global 2000

Für Konsumenten ist das durchaus verwirrend. Auch gibt es plastikfreie Lebensmittel oft nur auf Bestellung. Macht es Sinn, statt regional plastikfrei zu kaufen?
Es ist schwer, immer im Kopf zu haben, was nachhaltig ist. Prinzipiell sind regionale Lebensmittel immer besser, als wenn man etwas von weit weg bestellen muss. Also ein Topfen aus Vorarlberg hat keine gute Bilanz. Optimal sind Glasbehälter, die man zum Beispiel den Bauern zurück bringen kann.

Leben Sie selbst weitgehend plastikfrei?
Ich versuche es (lacht). Aber es funktioniert nicht immer. Ich habe zwei Kinder, und es scheitert zum Beispiel schon am Einkauf von Heften. Bei diesen Magazinen ist überall Plastikspielzeug dabei, das ich eigentlich nicht haben möchte. Aber ich bemühe mich prinzipiell schon, je nachdem, wie es meine Zeit zulässt. Immer geht es nicht. Man muss viel vorausplanen und Zeit für den Einkauf haben.

Sie beschäftigen sich schon jahrelang mit dem Thema Plastik. Wie hat sich die Wahrnehmung der Öffentlichkeit verändert?
Plastik war lange so ein Retro-Thema, das hat sich in den letzten zehn Jahren gewandelt. Es wird viel darüber diskutiert, die schrecklichen Bilder aus den Meeren sind in den Köpfen präsent. Man muss aber aufpassen, dass man nicht auf falsche Lösungen setzt. Ein Beispiel dafür ist das Plastiksackerl-Verbot. Tatsächlich verlagert sich das Problem nur – Papiersackerl haben nämlich eine noch schlechtere Öko-Bilanz als Plastik.

Wo sehen Sie langfristig Lösungsansätze für das Plastik-Problem?
Ansetzen muss man sicher auf politischer Ebene. Wir von Global 2000 waren etwa im Jänner beim „Plastik-Gipfel“ der Regierung dabei. Bis 2025 sollen Plastikverpackungen um 25 Prozent reduziert werden. Eine verpflichtende Mehrweg-Quote bei Getränkeverpackungen, egal ob bei Veranstaltungen oder im Einzelhandel, wäre für die Umwelt ein echter Gewinn.

Wie motivieren Sie sich trotz aller Rückschläge, auf Plastik zu verzichten?
Ich versuche, ein Vorbild zu sein, aber das gelingt nicht immer (lacht). Aber man muss ganz deutlich sagen: Es ist okay, auch einmal zu versagen, solange man es nur weiterversucht. Man ist nicht alleine! Es gibt ganz viele Menschen, die versuchen, etwas zu ändern. Wir sind viele, und es hilft oft, darüber zu reden.