Glatt, wellig, lockig oder kraus – unsere Haare kommen in allen möglichen Farben und Formen. Die richtige Pflege ist nicht immer einfach und besonders für Lockenköpfe kann die Wahl der passenden Produkte eine wahre Herausforderung sein. Auf der Suche nach Tipps und Tricks, um die Mähne bändigen zu können, entwickelte sich – insbesondere auf Social-Media-Plattformen und in online Foren – ein wahrer Kult um die lockige Haarpracht.

Die Chemikerin Michelle Gaines vom Spelman College in Atlanta (USA) machte es sich zur Aufgabe, das Mysterium um lockige Haare, auf wissenschaftlicher Ebene zu untersuchen. Gemeinsam mit ihrem Team von jungen Studentinnen sammelten sie Haarproben von Freiwilligen und analysierten die Strähnen im Labor. Ihre Ergebnisse präsentierten sie kürzlich bei der Frühlings-Konferenz der American Chemical Society (ACS).

Struktur genau untersucht

Ob Haare lockig oder glatt sind, hängt vom Aufbau der einzelnen Haare ab. Grundsätzlich besteht ein Haar aus drei Schichten: Medulla (Mark), Cortex (Rinde) und Kutikula (Außenhaut). Bereits hier zeigen sich laut Gaines und ihrem Team wesentliche Unterschiede. Während das Mark (Medulla) bei dickerem und lockigem Haar, der Struktur des Knochenmarks ähneln kann, ist es bei feinem und glattem Haaren dichter gepackt. Ähnlich sieht es bei Cortex und Kutikula aus. Die Kutikula ist eine Schicht aus feinen Blättchen, die einander überlappen und das Haar vor äußeren Einflüssen schützen. Optisch ähneln sie dabei Schindeln auf einem Dach. Je nach Haartyp können diese Schindeln dichter gepackt, oder weiter auseinanderliegen. Das macht das Haar in weiterer Folge mehr oder weniger anfällig für äußere Einflüsse, wie Wasser, Shampoo und Conditioner.

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Indem Gaines und ihr Team die gesammelten Haarproben analysierten, konnten sie die Haartypen neu definieren. Bisherige Einteilungen basierten auf Erkenntnissen der Haare von weißen und asiatischen Probandinnen und Probanden. Das sorgte vor allem für People of Colour (PoC) für Probleme bei der Suche nach passenden Haarprodukten: "Als afroamerikanische Frau wurde ich mit sehr lockigem Haar geboren, das sehr schwer zu bändigen ist. Aber auch andere Ethnien zeigen ähnliche Haarstrukturen", so die Wissenschaftlerin.

Basis für bessere Produkte

Anhand ihrer Erkenntnisse wollen die Wissenschaftlerinnen bessere Voraussetzungen für die Produktion neuer Pflegeprodukte für lockiges Haar schaffen. Bisher scheiden sich auch in Online-Foren die Geister darüber, welche Produkte nun die richtigen sind und welche als absolute No-Gos gelten.

Gaines und ihr Team entwickelten dafür sogar eigens eine neue Messeinheit, die angibt, wie viel Energie aufgewendet werden muss, um lockiges Haar glatt zu bekommen. Die sogenannte "Uncurling Force" ist bei sehr krausem Haar wesentlich höher als bei welligem Haar. Dadurch lasse sich laut den Wissenschaftlerinnen auch erklären, warum natürlich gelocktes Haar, auch bestimmte Frisuren wie Flechtwerk besser und länger halten. Diese Erkenntnisse können Hersteller nutzen, um ihre Produkte eigens für Lockenköpfe anzupassen und die Formulierung der Shampoos und Conditioner so zu wählen, dass die Haare tatsächlich gepflegt und nicht weiter beschädigt werden.

Die Locken-Methode

Der Trend, weg von ständig glatten Haaren und hin zu einem natürlicheren Haarbild, erfährt seit Anfang der 2000er-Jahre einen wahren Aufschwung. Auslöser dafür war mitunter das Buch "Curly Girl" von Lorraine Massey, die eine Art Handbuch zur richtigen Handhabe von lockigen Haaren veröffentlichte. Wichtig sei, dass sich Frauen und Männer mit lockigem Haar, vor allem mit der individuellen Struktur ihrer eigenen Haare auseinandersetzen, um die richtigen Produkte zu finden.

Nicht alle Produkte auf dem Markt, passen zu allen Locken: "Wir werden alle zu wahren Locken-Experten", meinte etwa Gaines Co-Autorin Imani Page. Mit den neuen Erkenntnissen könnten Lockenköpfen bald langwierige Testphasen und teure Produkte, die nicht zu den eigenen Haaren passen, erspart werden.