Der feministische Kampf ist kein Kampf gegen Männer, sondern ein Kampf für die eigene Stimme“, sagt Autorin Margarete Stokowski. Ein Zitat, das auch Sabine Buiten aus ihrer Praxis bestätigt. Die Lebens- und Sozialberaterin unterstützt Frauen in puncto Selbstermächtigung. Ihr Anliegen: Frauen müssen sich bewusst werden, dass sie wertvoll sind und das Leben führen dürfen, das sie sich wünschen.
„Aufgrund unserer Sozialisierung verkaufen wir Frauen uns oft unter unserem Wert – in Jobs, in Beziehungen oder in Freundschaften“, erklärt Buiten. „Wir haben häufig nicht das Mindset: ,Ich verdiene mehr. Mir steht mehr zu.‘ Wir wollen nicht anecken, scheuen Konflikte und möchten, dass uns alle liebhaben. Aber: Frauen müssen lernen, Grenzen zu setzen und für sich einzustehen.“
Alte Glaubenssätze
Wichtig ist dabei das Bewusstmachen der eigenen Glaubenssätze. Viele Frauen haben von klein auf gelernt, bescheiden zu sein, sich zurückzunehmen und sich nicht zu wichtig zu machen. „Selbstlob stinkt: Das ist ein typischer Satz, der sich ins Unterbewusstsein einbrennt“, sagt Buiten. „Dabei ist es essenziell, die eigenen Erfolge anzuerkennen und stolz auf sich zu sein.“
In ihrer Arbeit begegnen Buiten immer wieder Frauen, die eine Veränderung wollen, aber nicht wissen, wie sie sie angehen sollen. „Ob es um eine Trennung geht oder den Jobwechsel. Viele Frauen fühlen sich nicht wertgeschätzt und wissen nicht, wie sie aus der Situation herauskommen. Dabei ist es wichtig, sich einen Plan zu machen und sich kleine Ziele zu setzen. Das macht die Herausforderung bewältigbar.“
Grenzen setzen
Das Thema Grenzen ist dabei oft besonders schwierig. „Zunächst muss man erst einmal spüren, wo die eigenen Grenzen liegen, und dann lernen, sie zu verteidigen. Frauen reden sich oft ein, sie seien zu sensibel, wenn sie sich verletzt fühlen. Dabei ist es völlig legitim zu sagen: ,Das geht mir zu weit.‘ Ein Nein zu jemand anderem ist oft ein Ja zu sich selbst.“
Auch im beruflichen Umfeld sieht Buiten Herausforderungen: „Frauen bewerben sich oft nicht, wenn sie nicht alle Anforderungen erfüllen, während Männer sich schon bei zwei von zehn passenden Punkten bewerben. Das zeigt, wie tief die Selbstzweifel verankert sind.“ Der sogenannte Imposter-Effekt, also das Gefühl, nicht gut genug zu sein, hindere viele Frauen daran, sich für Führungspositionen zu bewerben. „Dabei darf man sich auch etwas zutrauen, selbst wenn noch niemand vor einem diesen Weg gegangen ist. Dann mache ich ihn mir eben selbst und werde Vorbild für andere.“ Und Frauen haben auch das Recht auf dasselbe Gehalt wie die männlichen Kollegen, wenn sie denselben Job machen.
Selbstvertrauen
Was können Frauen konkret tun, um sich zu stärken? Buiten empfiehlt, sich ein starkes Netzwerk aufzubauen und sich an Vorbildern zu orientieren. „Anstatt andere Frauen für ihren Erfolg zu beneiden, sollten wir voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen. Wir brauchen mehr Frauen in Machtpositionen, um langfristige Veränderungen herbeizuführen.“ Aber wie findet man zu emotionaler Stärke? „Wir vertrauen nicht mehr darauf, dass wir alles in uns haben, was wir brauchen, so viele Kompetenzen haben und trotzdem voller Selbstzweifel sind. Die inneren Kritiker sind vielleicht Qualitätsmanagerinnen, aber sie dürfen uns nicht mehr blockieren“, sagt die Mentalcoachin.
Auch die Erziehung spiele eine wichtige Rolle: „Kinder lernen durch Vorbilder. Eine Mutter kann ihrer Tochter am besten helfen, indem sie selbstbewusst für sich einsteht und gleichzeitig Freiräume für eigene Entscheidungen gibt. Die Tochter muss nicht alles besser machen. Wenn die Tochter einen Glaubenssatz hört, der nicht zu ihr passt, sollte das sagen dürfen!.
Zum Schluss ein Appell von Buiten: „Wir müssen nicht perfekt sein, um wertvoll zu sein. Der Wert von Frauen ist nicht verhandelbar. Wir stellen 50 Prozent der Weltbevölkerung, und es ist Zeit, dass wir uns auch so wichtig nehmen.“