In einem normalen Sommer ist die Steiermark ein blühendes Theaterland. Mehr als drei Dutzend temporäre Bühnen locken von Juli bis September mit meist klassischem Repertoire in Innenhöfe, auf Bauernhöfe oder die grüne Wiese. Corona ändert auch in diesem Bereich alles. Die meisten Theater haben abgesagt, andere warten noch ab oder setzen auf ein Alternativprogramm.

Wer die Größenordnungen des steirischen Sommertheaters kennenlernen will, kann zur Brandluckn im Almenland anreisen. 620 Plätze fasst die Arena das Huabn Theaters – mehr als das Haupthaus im Grazer Schauspielhaus – und auch in Coronazeiten werden es noch rund 300 sein. Der geplante „Brandner Kaspar“ wurde auf 2021 verschoben, stattdessen feiert Morrés „S’Nullerl“ ein Dacapo. Ein anderes Schwergewicht des steirischen Sommertheaters zog Anfang Mai – noch bevor die Politik die Kultur-Lockerungen kommunizierte – die Notbremse: „Wie aus den Medien zu erfahren war, können diesen Sommer bis 31. August keine Theaterfestivals wie bisher stattfinden“, steht noch immer auf der Homepage der Schlossfestspiele Piber.

Mehr als die Hälfte der steirischen Sommertheater, darunter die Schlossspiele Reinthal, das Theater im Sensenwerk, die Theaterrunde Kalsdorf oder das Theater im Bauernhof pausieren coronabedingt. Einige wenige, wie die Theatergruppe Fladnitz/Teichalm, wollen in den kommenden Tagen entscheiden, ob es eine Produktion geben wird: „Wir sind gerade erst in die Planung gegangen“, erklärt Franz Reisinger vom Almenlandtheater. Andere, wie die Burghofspiele Voitsberg, setzen heuer auf szenische Lesungen. Erst vor wenigen Tagen ließ das Grazer Straßentheater seine Entscheidung wissen: „Ein Mords-Sonntag“ ist ab 8. Juli im Hof des Steiermärkischen Landesarchivs zu sehen.

Echte Neuproduktionen wie diese sind selten: Neben dem Kürbis Wies („Acht Frauen“) oder dem Hof Theater Höf („Un ballo in maschera“) bringen auch die Vitamins of Society (VoS) in Sankt Ulrich im Greith Neues auf die Bühne: An der Uraufführung des von Johannes Schrettle verfassten Jubiläumsstücks – es ist der zehnte VoS-Theatersommer – wurde festgehalten, betont Mastermind Wolfgang Lampl. Die räumlichen Möglichkeiten und die „kreativen Lösungsmöglichkeiten“ als Uraufführungsproduzent hätten die Flexibilität, auf die Coronakrise zu reagieren, erleichtert. An die Umstände angepasst wurde immerhin der Titel: Aus dem geplanten „Die grüne Gefahr“ wurde schließlich „Die grüne Insel“, erklärt Lampl: Es sei„schon genügend Angst im Äther herumgeschwirrt“. Dem werde nun eine Insel mit „guten Gedanken, fantastischen Ideen, genialer Musik und berauschenden Emotionen“ gegenübergestellt, sagt Lampl: "Wir begeben uns auf die Suche nach den Wurzeln der Friedens- und Umweltbewegung in den 60er Jahren und verfolgen ihre Spuren bis in die heutige Zeit, in der ihre Auswüchse gerade wieder sehr stark an Kraft gewinnen und wunderbare Blüten wie zum Beispiel die Fridays For Future treiben."

Unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen können die Vitamins in Sankt Ullrich ab 6. August mindestens 100 Personen begrüßen, bei Aufführungen auf der Grazer Murinsel werden es immerhin 80 sein.