Als klar war, dass „And Just Like That“ nach drei Staffeln vorbei ist, hat selbst Modeexpertin Carine Roitfeld ihren Grant öffentlich gemacht. Unter ausgewählten Outfits der dritten Staffel schrieb sie auf Instagram: „Dafür werde ich HBO nicht vergeben.“ Stellt sich die Frage: Wie sehr hat die „Sex And The City“-Melancholie auf die Nachfolge-Serie „And Just Like That“ abgefärbt? Wenn wir schon bei der Mode sind: Die Stylistin Patricia Field war nicht nur mit der Auswahl der Outfits für „Sex And The City“ (SATC) maßgeblich am Erfolg der Serie beteiligt, sondern auch dafür, dass der fiktive Charakter Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker) zur Mode-Ikone wurde. Während Field derzeit für „Emily in Paris“ (Netflix) im Einsatz ist, hat Molly Rogers übernommen – mit überschaubarem Erfolg.
Über 20 Jahre sind seit der letzten Staffel der HBO-Erfolgsserie „Sex And The City“ (1998 bis 2004) vergangen, in der vier Freundinnen in ihren 30ern in New York das suchen, finden und bisweilen daran scheitern, was die Serie im Titel versprochen und sehr oft auch gehalten hat: Sex (and the City). Für das Jahr 1998 war die Herangehensweise an das Thema, die Leichtigkeit, die inszenierte Coolness von New York und die Offenherzigkeit, mit der das Thema angegangen wurde, ein Meilenstein.
Auch, weil in der Serienlandschaft dieser Zeit oft schon das Händchenhalten geradezu orgiastisch zelebriert wurde. Das zeigt ein Blick zurück auf jene Serien, die 1998 ebenso ihre Anfänge genommen haben: „Dawson‘s Creek“, „Charmed“ und in Österreich „MA 2412“. Zwanzig Jahre später könnte man der Serie aber auch das attestieren, dass sie das zu wenig hatte, was der Nachfolger fast schon streberhaft zu viel hat: Wokeness. Ja, die vier Hauptprotagonistinnen bewegten sich in einem durchgehend weißen Upper-Class-Umfeld mit viel Tagesfreizeit – und wenn man ganz besonders kleinlich ist, dann kann man natürlich erwähnen, dass man sich von einer wöchentlich erscheinenden Sexkolumne diesen Kleiderkasten mit dieser Unmenge von Manolo Blahniks wohl eher nicht leisten hätte können. Fakt ist: Die Serie war schon Eskapismus, bevor das Wort zwei Jahrzehnte später beharrlich im Mainstream aufgetaucht ist. Männer waren in der Serie, die auf die Kolumne von Candace Bushnell für „The New York Observer“ zurückging, selten in der Heldenrolle zu sehen. Frauen aber auch nicht, es war schlichtweg nicht nötig, eine Gegeninszenierung nach Herrenart zu schaffen: Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha waren witzig und klug, tragisch und verpeilt – im Hochglanzformat der Nullerjahre.
2012 hat Lena Dunham mit der Serie „Girls“ die Millennial-Version ins Serienuniversum gepumpt. Was „Sex And The City“ zu sehr Hochglanz war, war „Girls“ ungeschönt, neurotisch, zeitgemäß. Im direkten Vergleich lässt sich der gesellschaftspolitische Wandel dazwischen ablesen, der sich im Serienmilieu spiegelt: Weg von der hyperfemininen Inszenierung, weg von der perfekten Oberfläche, die die persönliche Krise überdeckt, her mit dem Scheitern und dem ziellosen Treiben in einer Welt, in der sich eine digitale Transformation vollzieht.
Das Zeitfenster wäre günstig gewesen
Zehn Jahre nach „Girls“ hätte sich für „And Just Like That“ ein gutes Zeitfenster ergeben: Carrie und Co. als Mittfünfzigerinnen. Das Geld hat sich vermehrt, die Häuser wurden größer, aber eines ging in der Überperfektionierung gänzlich verloren: der Witz, das Goscherte, die Leichtigkeit. Gleich zu Beginn wollte man zu viel, ist ein ums andere Mal am glatten Parkett gesellschaftspolitischer Debatten ausgerutscht. In der zweiten Staffel wurde es routinierter, aber das war zu wenig. Was Carrie und Co. gut getan hätte? Eine Drehbuchschreiberin mit einer Leidenschaft zum Anecken – Phoebe Waller-Bridge etwa. Die finale Folge ist am Freitag auf Sky zu sehen.