Es war einmal das Nachtleben. In all seiner Pracht. Und nein, die Rede ist hier nicht nur vom Feiern, vom Tanzen und vom Genuss alkoholischer Getränke. In der Nacht leben die Jungen. Draußen zwischen dem Licht der Straßenlaternen auf dem Weg in die Stadt. Zwischen den Stroboskoplichtern und Bässen im Club. Zwischen den schwitzenden Leibern auf der Tanzfläche. Zwischen dem Hereinbrechen des ersten Tageslichts beim Nachhausegehen. Dann war es plötzlich weg, das Nachtleben. Gestohlen für etliche Monate.

Nachtleben hat immer Freiheit bedeutet. Die Nacht ist ein Raum des Fallenlassens, des Experimentierens, des Andersseins. Zu keiner anderen Tageszeit bietet sich so ein Spektrum an möglichen Gefühlslagen, an möglichen Rollen, in die geschlüpft werden kann. Sobald es dunkel wird, eröffnet sich eine Parallelwelt: Wählt man das mutigere Selbst, das ausgelassenere, oder doch lieber das beobachtende oder das anonyme Selbst. Wählt man, sich selbst und alles um einen herum für eine Weile zu vergessen?

Sich einzureden, dass man sowieso nie so der Ausgehtyp war, dass es sowieso weit komfortabler auf der Couch ist, hilft nicht. Da braucht nur die Spotify-Playlist unerwartet ein Lied anspielen, das einen in eine ausgelassene Nacht mit Freunden zurückversetzt – und es erwischt einen kalt. Verantwortung und Regeln beiseitelegen, nur für eine Nacht. Der realen Welt entfliehen, nur für eine Nacht. Rausch, was war das noch gleich? Das einzige, das in den vergangenen zwölf Monaten mit Club zu tun hatte, war maximal der Biss ins Clubsandwich. Für die Zukunft zeichnet sich ein düsteres Bild ab – ja selbst für die Nacht düster. Wann das Nachtleben zurückkehrt, ist unklar, selbst wenn es so weit ist, wird nichts ohne Regeln laufen: Von Tickets nur im Vorverkauf über Test- oder Impfnachweise und Konzertbesucher, die in Plastikbällen stecken (wie kürzlich bei einem Konzert der „Flaming Lips“ in Oklahoma City) bis hin zur beschränkten Besucherzahl. Leicht ins Nachtleben starten? Fehlanzeige.

All das in einer Zeit, in der man am liebsten das ganze Coronajahr aus seinem Gedächtnis löschen will und in der man das Ventil namens Nachtleben ganz besonders brauchen würde, um endlich wieder einmal Druck abzulassen. Es war einmal das Nachtleben… Na dann, gute Nacht!