"#26Flohmarkt Wien" heißt eines der jüngsten Exponate der Schau, entstanden 2016. Untertitel: "Was bleibt". Was? Schusters Leisten, Gabeln, Messer, ein Holzkäfig, Lettern, Hülsen. Daniel Spoerri liebt Dinge. Er liebt es, sie zu sammeln und er liebt es, mit ihnen zu spielen. Dabei gibt es keine Grenzen. Weder für das Sammeln, noch das Spielen. Folgerichtig liebt Daniel Spoerri Flohmärkte.

"Puces" und "Faux puces" ("Falsche Flohmärkte") heißen Anordnungen diverser Gegenstände im Geist barocker Vanitas-Bilder, aber ohne deren Anspruch, jedes Detail mit (tiefer) Bedeutung auszustatten. Spoerri nennt den Zufall als wichtigsten Verbündeten. "Das Immerwährende, das Absolute und Ewige ist der Zufall. Wir werden ihn nie abschaffen. Nicht einmal zufällig." Das Prinzip Zufall ist auch in Spoerris berühmtester Werkgruppe zentral, den "Tableaux pièges", seinen "Fallenbildern". "Topografien des Zufalls" seien die Fixierungen von Geschirr, Besteck und Speiseresten auf Tischplatten, die um 90 Grad gekippt und wie Bilder an die Wand gehängt werden. Realien, in einer "Falle" für die Nachwelt dingfest gemacht.

"Meine Lebensgeschichte ist eine Choreografie des Zufalls" lautet Spoerris biografisches Credo. Tatsächlich erweckt sein Lebenslauf den Eindruck, als ob es dem Künstler besonders wichtig ist, zu überraschen, vor allem sich selbst. "Wanderer" und "Sucher" sind im Zusammenhang mit seiner Person gern gebrauchte Definitionen.

Magische Prozesse

Neben den Prinzip Zufall ist es die vielschichtige Wirklichkeit der Dinge, die Spoerri interessiert. Haben die Fallenbilder eine Affinität zur Pop Art, werden Dinge in anderen Werken durch spielerische Kombination verwandelt, einem magischen Prozess unterzogen. Beispielsweise in der Serie "Ethnosynkretismen", in der Gegenstände aus unterschiedlichsten Kulturen zu Objekten verschmelzen, die inhaltlich aufzuladen Spoerri freilich dem Publikum überlässt: "Meine Damen und Herren, Sie müssen das Bild vollenden! Sonst ist es nichts als Abfall!"

Es ist ein Neuer Realismus, für den hier plädiert wird. Nouveau Réalisme heisst denn auch die Bewegung, die Spoerri 1960 begründet, mit u. a. Jean Tinguely, Arman, Martial Raysse und Yves Klein. Vor rund eineinhalb Jahrzehnten wählte der in Galați, Rumänien als Daniel Isaac Feinstein Geborene Wien als Heimat. Nun bietet das Bank Austria Kunstforum einen reichhaltigen Querschnitt durch ein reichhaltiges Werk. Mit Beispielen aus nahezu allen wichtigen Werkgruppen. Vom Objekt "Autotheater" (1959, in einer Rekonstruktion von 2012), den Assemblagen "Monsieur Bitos" (1961), "Der General" (1962) und "Die fromme Generalin" (1963), der Bronzeskulptur "Santo Grappa" (1971) bis zu Arbeiten der letzten Jahre.

"Leben im Mond"

Zu sehen ist auch die Tür zur Eat Art Galerie des Düsseldorfer Restaurants Spoerri und Wandcollagen aus dem legendären Etablissement von 1968. Natürlich "Fallenbilder" und "Falsche Fallenbilder" aus mehreren Jahrzehnten. Dazu Beispiele der Edition MAT (Multiplication d’Art Transformable), in der ab 1959 Künstlerfreunde "im Sinne einer Demokratisierung der Kunst, originale Kunstwerke für ein breites Publikum zu erschwinglichem Preis" beisteuerten. In Hadersdorf am Kamp etablierte Spoerri neben seinem fabelhaften "Giardino" in Seggiano (im Kunstforum in Fotografien präsent) ein zweiten Ort zur Präsentation seiner Arbeiten. "Leben im Mond" heißt die aktuelle Schau, in der Bilder und Objekte Spoerris mit solchen der Art brut, etwa aus dem museum gugging, in Dialoge treten. Und in der Toskana wie in Niederösterreich lädt er Künstlerinnen und Künstler ein, ihre Schöpfungen zu zeigen. Aktuell sind das in Hadersdorf die Fotografin Hertha Hurnaus und der Zeichner-Autor Tex Rubinowitz.