Er ist einer der wichtigsten lateinamerikanischen Künstler, sein Markenzeichen sind recht üppige Proportionen. Fernando Botero ist seiner Heimat Kolumbien immer treu geblieben, den Friedensprozess hat er auf seine Art gewürdigt - und auch mit 85 ist er voller Tatendrang. Die enge Bindung zu seiner Heimatstadt lässt sich nicht zuletzt an dem nach ihm benannten Plaza Botero ablesen.

Dort stehen in Medellin 23 von Botero geschenkte Bronzefiguren: Eine sehr rundliche Frau liegt hüllenlos mitten auf der Plaza, ein korpulenter Soldat reitet auf einem Pferd. Und ein üppiger Mann steht nackt und dominant auf dem Rücken einer Frau. Es gibt wenige Orte auf der Welt mit solch einem ungewöhnlichen Freilichtmuseum, die die Liebe eines Künstlers zu seiner Heimatstadt manifestieren. Die Figuren stehen auch für das neue Medellin, das die niedrigsten Mordraten seit Jahrzehnten aufweist, Touristen anlockt und die Schatten von Pablo Escobars Drogenkartells hinter sich lässt.

Botero, der seinen 85. Geburtstag am 19. April feiert, ist einer der wichtigsten und bekanntesten Künstlers Lateinamerikas der Gegenwart - bekannt für die überproportionalen Formen, meist recht sexualisiert. Bis nach China sorgt er für Furore. Damit sich der nimmermüde Künstler nicht zu alt fühlt, dürfen ihn seine Enkel übrigens nicht "Opa" nennen, sondern nur "Fer", wie die Zeitung "El Tiempo" berichtet.

"Nie dicke Frauen gemalt"

"Ich habe nie eine dicke Frau gemalt", betonte er mal ironisch. Dabei hat er es zu Weltruhm gebracht mit seinen üppigen Damen. Für ihn sind das aber keine dicken Frauen, sondern der künstlerische Ausdruck einer Verherrlichung der Sinnlichkeit und des Lebens. "Ich gebe allem Volumen: einem Tier, einem Mann, einem Pferd, einer Landschaft, was es auch sei. Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit."

Die Formen sind so ungewöhnlich, dass sie niemanden kalt lassen. Seinen unverkennbaren Stil begann er 1956 in Mexiko zu entwickeln, als er eine Mandoline malte. "Als ich das Loch im Musikinstrument malte, sah ich, dass es sehr klein war und die Mandoline dadurch größer wirkte. Da sagte ich mir: hier ist etwas geschehen. Ich begann hierüber nachzudenken", erzählte er in Mexiko-Stadt bei einer Retrospektive über sein Erweckungserlebnis. Ausstellungen erzielen Rekordzahlen, die in Mexiko sahen 300.000 Besucher. Einer seiner Galeristen, Luis Fernando Pradilla, sagte "El Tiempo", Picasso, Miro und Botero seien die Künstler, "die am meisten kopiert und gefälscht werden auf diesem Planeten". Im Atelier steht ihm niemals jemand Modell. Botero malt aus der Erinnerung und mit seinen Gedanken.

Er wurde 1932 in Medellín geboren. Der Vater starb früh und hinterließ der Familie nur wenig. Ein vom Stierkampf begeisterter Onkel schickte Botero mit 15 Jahren in die Torero-Schule. Doch anstatt mit den Stieren zu kämpfen, zeichnete der Bub sie. Er fand Arbeit als Illustrator bei der Zeitung "El Colombiano" und gewann einen Kunstpreis in Bogota. Mit dem Geld reiste er nach Europa, wo er vor allem in Italien die Künstler der Renaissance studierte.

Delikates Problem

In Mexiko beschäftigte er sich später mit den Wandgemälden von Diego Rivera und Jose Clemente Orozco. Auch die lateinamerikanische Tradition der indianischen Kirchenmalerei in ihrer Farbenpracht sowie das Werk von Pablo Picasso und Georges Braque hatten Einfluss auf Botero. "Die eigene Identität zu finden ist ein sehr delikates Problem", sagt er. Er habe dafür zehn Jahre seit dem Erlebnis mit der Mandoline gebraucht, auf der Suche nach einer stilistischen Kohärenz und Reife, die er in seinen New Yorker Jahren festigte.

Dort entdeckten ihn 1969 zwei deutsche Kunsthistoriker und Kuratoren, Dietrich Mahlow und Klaus Gallwitz, die den noch recht unbekannten Künstler nach Deutschland einluden und dort Ausstellungen mit seinen Werken organisierten. Ab da ging es bergauf mit seiner Karriere. Seine über 3.000 Bilder und 300 Skulpturen stehen in Museen und auf öffentlichen Plätzen in 60 Städten und erreichen Rekordpreise.

In Bogota gibt es das größte Museum mit seinen Werken. 2007 machte er mit politischen Werken von sich reden, in seinem unnachahmlichen Stil stellte er in überproportionalen Formen mit der "Abu Ghraib"-Serie die Folterpraktiken der US-Soldaten im Irak nach, zudem setzte er sich mit dem Konflikt in seinem Heimatland Kolumbien auseinander.

Botero lebt überwiegend in Monte Carlo und im norditalienischen Pietrasanta, im europäischen Winter kam er mit seiner dritten Frau, der griechischen Künstlerin Sophia Vari, auch immer wieder zum "Überwintern" nach Rio Negro bei Medellín. Er ist der Heimat bis heute treu verbunden. Im September überreichte er Präsident Juan Manuel Santos eine Bronzefigur, um den Friedensprozess mit der Farc-Guerilla zu würdigen: Eine ziemlich dicke weiße Friedenstaube.