Flaschengeister sind den Menschen und ihren Filmfestivals im Grunde ziemlich ähnlich – zumindest, wenn es um die Bedeutung des Erzählens geht. „Im Reich der Flaschengeister erzählen sie sich Geschichten. Sie sind wie Atem. Sie erzeugen Bedeutung“, heißt es in George Millers neuem Film „Three Thousand Years of Longing“ mit Tilda Swinton und Idris Elba in den Hauptrollen.

Die philosophierende Fantasy gehört in diesem Jahr zu den zahlreichen Filmbausteinen von Cannes, die dem Festival Leben einhauchen und mit denen sich auch das Publikum ein Stückchen weiter auf Bedeutungssuche begibt. Nachdem Miller bei seinem letzten Zwischenstopp in Cannes mit voller Wucht sein furioses Action-Meisterwerk „Mad Max: Fury Road“ entfesselte, könnte diese Verfilmung von A.S. Byatts Kurzgeschichte „The Djinn in the Nightingale’s Eye“ davon nicht weiter entfernt sein, ein „Anti-Mad-Max“ sozusagen.

„Die Kurzgeschichte blieb mir im Kopf, denn sie hatte reiches Potential und alle großen Themen steckten darin“, sagt der 77-jährige Regisseur am Samstag in Cannes, flankiert von seinem Hauptdarsteller-Duo. In deren Adaption spielt Swinton nun eine nach ihrer gescheiterten Ehe alleinstehende, akademisch kontrollierte Narratologin, die sich in ihren Beruf versenkt und intensiv die Bedeutung von Geschichten erforscht. Als sie auf einer Konferenz in Istanbul ist, kauft sie sich auf dem Basar als Souvenir ein kleines Fläschchen, in dem – wie sich beim Putzen herausstellt – ein Flaschengeist (Elba) befindet.

Statt ihr Leben mit eigenen Wünschen durcheinander zu bringen, bewegt sie ihn dazu, von sich zu erzählen und den Menschen, denen er in den vergangenen 3000 Jahren Wünsche erfüllen sollte. Mutet „Three Thousand Years of Longing“ zunächst noch wie ein Kammerspiel an, verlässt er in diesen Rückblenden das Hotelzimmer in Istanbul und stößt die Fenster zu einer epischeren, mit Spezialeffekten abgefüllten Kinofantasie auf. Dann führt der Film schließlich durch die Jahrtausende: zur Königin Sheba, zu Sultanen, Machtkämpften, Schlachtfeldern und (unerfüllten) Liebesgeschichten. Überzeichnet von Miller in Szene gesetzt, stilisiert, grellbunt zauberhaft bis an die Kitschgrenze und manchmal darüber hinaus, strömt dieses wundersame Werk, mit dem sich Miller offenbar selber einen Wunsch erfüllt hat, dahin. Klein und gleichsam episch, aber irgendwie auch ein bisschen zu verkopft, um seinen altmodischem „1001 Nacht“-Märchencharme vollends zu entfalten, macht es sich ganz eigene Gedanken: über Geschichten und das Erzählen, über Liebe und Sehnsüchte, die Natur der Menschen und die Widersprüchlichkeit der Menschheit.