Für die Dreharbeiten zu „Das schaurige Haus“ kamen Sie in Ihre alte Heimat Kärnten zurück. Was war das für ein Gefühl für Sie?
MICHAEL PINK: Es ist immer noch meine Heimat. Ich bin hier geboren und verbringe mit meinen Kindern gerne meinen Urlaub dort. Aber ich glaube, ich habe noch nie in Kärnten gedreht. Bis auf ein Musikvideo mit Freunden. Das war's.

Inklusive breitestes Kärntnerisch.
Das war ganz witzig und es war deutlich merkwürdiger als in anderen Akzenten und Dialekten, weil man auf seine Kindheitsssprache als Kontrollmechanismus zurückgeworfen wird. Das beurteilt man dann neu. Es ist fast so, als würde man noch einmal neu anfangen. Es war für mich eine neue Erfahrung, auch von schauspielerischer Seite her.

Ist Kärntnerisch eigentlich noch Teil Ihres Lebens in Berlin?
In Berlin eigentlich nicht, aber in Kärnten mit meinen Eltern und den Freunden, die ich dort treffe, auf jeden Fall. In den 20 Jahren, die ich nun schon fast in Berlin lebe, hat sich eine Alltagssprache entwickelt, die ich bei Menschen anwende, die ich nicht kenne. Da kommt eher das Hochdeutsche durch, das ist meine neutrale Sprache. Das Kärntnerische ist und bleibt ein fester Bestandteil meines Lebens, den ich nicht verlieren werde.

Was hat Sie dazu bewogen, die Rolle in dem Jugend-Horrorfilm anzunehmen?
Erstens habe ich Kinder und ich wollte schon lange wieder etwas machen, das meine Tochter sehen kann. Das ist einer der Beweggründe. Ein weiterer ist, dass ich dieses Buch superspannend finde, weil es mich an meine Kindheit erinnert. Und dann habe ich den Daniel kennengelernt, der nicht nur ein toller Mensch ist, sondern auch ein Cineast und Visionär, der sich mit Genres auskennt. Ich würde lieber den Grund wissen, warum ich nicht zusagen hätte sollen.

Hat Ihre Tochter den Film schon gesehen?
Nein.

Werden Sie sich den Film gemeinsam im Kino ansehen?
Zur Kinopremiere hat sie leider keine Ferien, aber ich hoffe, dass wir ihn zusammen sehen werden.

Mit Ausnahme des TV-Euthanasie-Dramas „Now or Never“ sind Sie meistens als Bösewicht besetzt. Ist das eigentlich das Beste, was einem Schauspieler passieren kann, weil diese Rollen spannender und ambivalenter sind?
Das Spannende ist, Unterschiedliches darstellen zu können, in verschiedenen Situationen und Rollen eintauchen zu können. Je abwechslungsreicher, umso spannender. Mir ist wichtig, dass es eine ganzheitliche Figur ist, die verschiedene Facetten hat und nachvollziehbar ist. Wenn ein Bösewicht nur seine Klischee-Sätze sagt, damit man weiß, dass er böse ist, dann kann das unglaublich langweilig sein. Wenn man eine gute Rolle bekommt, ist es egal, auf welcher Seite man steht. Für meine Kinder bin ich zu Hause sowieso der Held. Das finde ich sehr schön. Vielleicht ist es als negativ besetzte Figur auch spannender, weil es weiter von mir weg ist und die Figuren gar nichts mit mir oder meinem Leben zu tun haben. Aus meinem Privatleben heraus betrachtet, bereichern diese fremden Figuren mein Leben sehr. Andererseits bin ich auch ein Kino-Kind. Ich bin mit „Indiana Jones“ und „Star Wars“ aufgewachsen und natürlich möchte ich auch der Held sein.

Sind Sie der bösen Rollen langsam ein bisschen überdrüssig?
Sagen wir so: Es dürstet mich schon nach mehr positiven, lustigen Figuren, die ich bisher weniger gemacht habe. Wäre ich dem aber überdrüssig, wäre ich dem Schauspiel überdrüssig. Was ich nicht mag ist, wenn es langweilig wird.

In welchem Kino sind Sie sozialisiert worden?
In meinem Heimatort in Althofen gab es ein Kino, als ich ganz klein war. Dort war ich auch zum allerersten Mal im Kino. Später dann war es das „Wulfenia“ in Klagenfurt, wo ich meine ersten Kino-Erfahrungen hatte. Das Kino in Althofen gibt es schon seit 25 Jahren oder eventuell noch ein bisschen länger nicht mehr, da wurde auch nichts Neues gebaut. Es wurde nur abgerissen und jetzt ist es eine Leerfläche. Es wäre Platz für ein neues Kino.

Sie haben einmal gesagt: „Meine Rollen haben es eher schwer“. Wie nähern Sie sich eigentlich einer Figur an?
Das sind ganz viele einzelne Facetten. Zuallererst ist es das Buch, um ein Gefühl und Informationen zu bekommen. Die ersten Schritte sind sehr technisch. Alles, was über die Figur gesagt wird, was die Figur sagt, wo sie ausweicht, wo sie wortkarg ist oder worüber sie sehr viel spricht. Auf diese Weise kann man einiges über den Charakter herausfinden. Dann recherchiere ich im Internet, ich befrage Fachleute und versuche, möglichst viele Fakten heranzuschaffen: körperlich, inhaltlich und sprachlich. Und dann suche ich mir reale Menschen als Ratgeber und Vorbilder für die Rolle. Meine Rollen setzen sich aus drei bis zehn verschiedenen Menschen zusammen. Dadurch habe ich eine Ganzheitlichkeit an Hintergrund, in die ich mich dann fallen lassen kann. Abgesehen davon, schreibe ich eine Biografie über jede Figur: wo sie herkommt und wie sie gelebt hat.

Wie darf man sich das vorstellen: Sind das Personen, die Sie schon kennen oder kann man sich das so vorstellen, dass Michael Pink in Berliner Cafes sitzt und Menschen castet?

Es ist wie bei jedem Menschen, den gerade ein Thema beschäftigt. Wenn man z.B. ein Kind erwartet, hat man das Gefühl, alle kriegen Kinder. Darauf ist man dann fokussiert. Wenn also eine Rolle ansteht, dann bin ich genauso wach und damit praktisch schwanger. Der Gang einer Person, zwei Menschen, die miteinander reden, manchmal sogar Socken … alles kann einen inspirieren.

Wie ist es Ihnen während des Lockdowns gegangen?
Ich hatte großes Glück und war sehr gesegnet. Ich hatte in Österreich mit drei Projekten begonnen und wusste schon, dass ich weiter drehen kann, wenn es wieder erlaubt ist.

Um welche Projekte handelt es sich?
Ein „Tatort“, der TV-Thriller „Todesurteil“ unter der Regie von Christopher Schier, das ist eine österreichisch-deutsche Koproduktion Das dritte Projekt darf ich noch nicht verraten. Alle drei sind abgedreht.

Welche Projekte stehen an?
Ein Projekt namens „Glauben“ und Regie führt wieder Daniel Prochaska.

Drehen Sie eigentlich mehr in Deutschland oder in Österreich?
Früher habe ich mehr in Deutschland gedreht, dann kam „Die beste aller Welten“ und dadurch konnte ich wieder mehr in Österreich drehen. Das hat mir sehr gefehlt. Jetzt ist es eine schöne Mischung, weil ich oft in Wien sein kann Ich habe hier studiert und viele wichtige Freunde leben in dieser Stadt. Auch deshalb ist Wien ein wichtiger Teil meiner Heimat. Ich bin unglaublich gerne hier.

Es gibt die Anekdote, dass Sie einst in Ihr Tagebuch geschrieben haben, dass Sie einmal Schauspieler in Berlin sein werden. Stimmt das wirklich?
Ja, zumindest, dass ich nach Berlin gehe. Es hat mich selbst gewundert, ich weiß nicht, warum ich das da hineingeschrieben habe. Das habe ich bis heute nicht herausgefunden und ich habe es erst gelesen, als ich schon in Berlin lebte.  Ich hatte das dann auch vergessen. Irgendwann bin ich spontan nach Berlin gezogen. Ich habe das während eines Theaterstücks für mich entschieden und bin mit meinem kleinen alten Auto, das bis obenhin vollgepackt war nach Berlin.  Ich kannte niemanden in der Branche und habe als Cutter-Assistent gearbeitet. Das war eine ganz neue Schule für mich.

Sie hatten vor Ihrer Schauspielkarriere auch einen normalen Beruf.
Ja, ich habe eine Ausbildung zum EDV-Fachmann gemacht. Wir waren die erste Schule Österreichs, die Internet hatte. Das war damals so innovativ (lacht).

Haben Sie aus dieser Lebensphase irgendetwas in ihr jetziges Leben mitgenommen?
Dass danach das Internet kam, konnte in dieser Form noch keiner absehen. Und so war ich in der Lage mir meine Website selbst zu bauen und in schweren Zeiten sogar ein Zubrot mit dem Programmieren von Webseiten verdienen. Ich habe ein solides Grundwissen, um mit allen Portalen klar zu kommen. Es hilft mir im virtuellen Raum. Aber das Leben in der realen Welt ist mir viel wichtiger.