Die Coronapandemie führt zu einem Kahlschlag in der Kinobranche: Die vorübergehende Schließung aller Cineworld-Kinos in Großbritannien und den USA kostet rund 45.000 Mitarbeiter ihre Jobs. Am Donnerstag zieht der weltweit zweitgrößte Kinobetreiber nach AMC die Vorhänge in 536 Lichtspielhäusern in den USA und 127 in Großbritannien zu. Es gebe keine Alternative, sagte Firmenchef Mooky Greidinger zu Sky News. "Aus Liquiditätssicht verlieren wir mehr Geld, wenn wir offen haben." Die Schließung sichere die Zukunft des Unternehmens.

Cineworld, das in der ersten Jahreshälfte einen Vorsteuer-Verlust von rund 1,6 Milliarden Dollar (1,4 Mrd. Euro) einfuhr, begründete den Schritt auch mit fehlenden Filmpremieren, die es noch schwerer machten, angesichts der Hygiene- und Abstandsregeln die Kinosäle zu füllen. Erst am Wochenende war die Premiere des neuen James-Bond-Films "No time to die" erneut verschoben worden - diesmal auf Frühjahr 2021 und damit ein Jahr später als geplant.

Anleger suchten am Montag das Weite, nachdem Cineworld auch noch ankündigte, nun alle Möglichkeiten zu prüfen, zusätzliche Mittel aufzutreiben. Die Cineworld-Aktie brach in London um bis zu 60 Prozent auf ein Rekordtief von 15,64 Pence (0,13 Euro) ein. Bereits im Jahresverlauf hatte sie rund 80 Prozent an Wert eingebüßt. Greidinger betonte, die Banken stünden hinter dem Unternehmen, und äußerte zugleich die Hoffnung auf Unterstützung durch den Staat.

Zu Beginn der Coronakrise blieben die meisten Kinos weltweit zunächst geschlossen. Seit der langsamen Wiedereröffnung im Sommer dürfen die Häuser aufgrund der Auflagen deutlich weniger Besucher hereinlassen, was es schwer macht, überhaupt kostendeckend zu operieren. Hinzu kommt, dass Premieren wie eben der neue James-Bond-Film oder Marvels "Black Widow" auf die lange Bank geschoben wurden. Damit fehlen Kassenschlager, die besonders viele Zuschauer anziehen.

Cineworld beschäftigt rund 37.500 Menschen in den USA, Großbritannien und Mitteleuropa. Von den Schließungen sind allerdings auch Reinigungskräfte und das Sicherheitspersonal betroffen. Greidinger sagte, die Wiedereröffnung könne in zwei Monaten oder später erfolgen. Da momentan die Infektionszahlen in vielen Ländern wieder steigen und strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zur Folge haben, ist die Furcht groß, dass auch die wenigen Kinogänger wegbleiben. Vor allem, weil keine Kassenschlager rausgebracht werden, die Menschen trotz der Regeln ins Kino locken.

Der neue 007-Streifen sollte eigentlich schon im Frühjahr laufen. Wegen der Kinoschließungen wurde der Start dann auf November verschoben und am Freitag noch einmal auf Anfang April 2021. Blockbuster wie James Bond können hunderte Millionen Dollar in die Kassen spülen. "Skyfall" von 2012 brachte weltweit über eine Milliarde Dollar ein, 880 Millionen Dollar waren es bei "Spectre" 2015.

Einer der wenigen möglichen Kassenschlager in diesem Jahr ist nun noch "Wonder Woman 1984", der am Heiligen Abend in die Kinos kommen soll. Fortsetzungen von "Top Gun" mit Tom Cruise oder der erfolgreichen Reihe "Fast & Furious" wurden ebenfalls auf Frühjahr verlegt. Einige neue Filme wurden erst gar nicht in Kinos gezeigt, sondern waren im heimischen Wohnzimmer über Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime abrufbar. Disneys "Mulan" feierte seine Premiere beim konzerneigenen Streaminganbieter Disney+.

"Unser Problem ist, dass wir keine Filme haben", fasst der Chef der Cinemaxx-Mutter Vue, Tim Richards, zusammen. Dies setze vor allem auch kleinen und mittelständischen Kinobetreibern zu. Analystin Susannah Streeter vom Finanzdienstleister Hargreaves Lansdown stimmt da nicht ganz zu: "Bond ist hier nicht der Schurke. Die Ausbreitung von Covid-19 rund um den Globus ist für die Industrie zum Horrorfilm geworden." Erst vergangene Woche hatte der Unterhaltungskonzern Disney angekündigt, rund 28.000 Mitarbeiter zu entlassen - ein Großteil davon in den US-Themenparks.