Die junge Witwe Florence Green liebt Bücher. Im verträumten englischen Provinzstädtchen Hardborough erfüllt sie sich Ende der 1950er den Traum von einem eigenen Buchladen. Bei der verschrobenen Bevölkerung kommt es jedoch zu heftigem Widerstand. Isabel Coixet verfilmte mit „Der Buchladen der Florence Green“ einen Romanklassiker von Penelope Fitzgerald. Die Rolle der Florence verkörpert Emily Mortimer.


Diese Florence preist für die damalige Zeit progressive Werke wie Nabokovs „Lolita“ oder Bradburys „Fahrenheit 451“ in ihrem Buchladen an. Was hat Sie an dieser Rolle gereizt?
EMILY MORTIMER: Schon allein die Buchvorlage ist brillant. Und das Drehbuch stach aus 99,9 Prozent von schlechten Skripten stark heraus. Und dass die Geschichte vom Scheitern handelt, aber vom Scheitern in Würde. Florence wird letztendlich aus dem Ort vertrieben, aber sie geht mit fliegenden Fahnen unter. Da gibt es viele Parallelen zu unserem Beruf.


Nämlich?
Im Filmgeschäft steigern wir uns oft leidenschaftlich in ein Projekt hinein. Man steht um vier Uhr früh auf und tut alles, um eine wunderbare Geschichte zu erzählen – und dann kommt doch nicht das heraus, was man sich gewünscht hat. Dennoch gibt es nach solchen Enttäuschungen nur eines: weitermachen! Mit genauso viel Einsatz und Herz. Manchmal macht man dabei auch verrückte Dinge. Doch das gehört dazu.


Lesen Sie auch gerne?
Mir blieb gar nichts anderes übrig. Mein Vater, Sir John Mortimer, war nicht nur Anwalt, sondern auch Schriftsteller. Sein Idol war Charles Dickens, und der wurde auch einer meiner Lieblinge.


Welche Bücher würden Sie auf die berühmte Insel mitnehmen?
Auf jeden Fall „Große Erwartungen“ von Dickens, für mich eines der größten Werke überhaupt. Eine komplexe Geschichte mit starker psychologischer Tiefe. Aus moralischer Sicht fordert sie den Leser heraus. Das mag ich. Und ich mag auch „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen, das ich las, als ich noch sehr, sehr jung war. Ich liebte diese Story über das Leben, die Liebe und überhaupt alles mit vielen Rätseln. Auch die russische Literatur kenne ich gut. Ich spreche Russisch.


Isabel Coixet ist eine sehr interessante Regisseurin. Haben Sie Gemeinsamkeiten entdeckt?
Ja, dass wir beide eigentlich schüchtern sind. Die Schauspielerei hat mir geholfen, diese Schüchternheit zu überwinden, indem ich schon sehr jung auf die Bühne ging und mich meinen Ängsten stellte.


Noch in diesem Jahr kommen Sie in Disneys „Mary Poppins Returns“ in die Kinos?
Im Grunde ein Zitterprojekt, denn wie kann man sich an einem solchen Klassiker messen? Regisseur Rob Marshall, der unter anderem „Chicago“ drehte, hat, denke ich, alles richtig gemacht. Die Geschichte spielt 30 Jahre später. Ben Whishaw und ich sind die erwachsen gewordenen Kinder von damals, Mary Poppins wird von Emily Blunt verkörpert. Rob ging ohne jeden Hauch von Zynismus ans Werk. Was er schuf, ist intravenöse Unterhaltung.


Kennen Sie Österreich?
Ich war schon in Wien, habe mir vieles von Klimt und Schiele angeschaut. In Erinnerung blieb mir auch, dass ich auf den Straßen so viele ältere elegante Damen in Pelzmänteln sah.