Bob Dylan hat nach acht Jahren wieder einen Song veröffentlicht. Nicht nur für Dylanologen ist das was. "Murder Most Foul" ist 17 Minuten lang und erzählt von der Ermordung John F. Kennedys, und noch mehr wohl vom Tod des American Spirit. In einer Zeit, da New York im Würgegriff eines tödlichen Virus liegt und das ganze Land im Würgegriff eines tödlichen Präsidenten ("Bis Ostern sind die Vereinigten Staaten back in business"), muss man "Murder Most Foul" wohl als zutiefst melancholische Auseinandersetzung mit der amerikanischen, oder gar globalen, Gegenwart lesen. Raspelgesang vor wogendem Klavier. Das Ende ist nahe. Besonders aufmunternd ist das nicht, aber schon trotzdem sehr hinreißend.

Reinsperger spielt Brecht

Das Berliner Ensemble hat natürlich auch zu, die Sperrzeit vertreibt man dem Publikum mit aufgezeichneten Repertoire-Inszenierungen. Derzeit mit Michael Thalheimers Inszenierung von Bertolt Brechts "Der kaukasische Kreidekreis" mit der stets famosen Österreicherin Stefanie Reinsperger als Grusche. Sie teilt sich die Bühne hier mit Schauspielerin wie Ingo Hülsmann und Tilo Nest. Die Süddeutsche Zeitung sah in der Inszenierung 2017 "den entschlacktesten Brecht, den man sich nur wünschen kann".
Verfügbar bis  2. April.
https://www.berliner-ensemble.de/

Besuch bei den Ephrussis

Ins Museum geht ja derzeit auch nicht. In dieses aber schon: Direktorin Danielle Spera führt in einem vierteiligen Rundgang durch das Jüdische Museum Wien auf Facebook durch die Ausstellung „Die Ephrussis. Eine Zeitreise“. Diese  Geschichte freiwilliger und unfreiwilliger Migrationsbewegungen durch halb Europa, ist ach, schrieb der Kollege Erwin Hirtenfelder, "die aufregende Geschichte der Familie Ephrussi, die bis 1938 zu den bedeutendsten in Wien gehörte. Edmund de Waal widmete ihr seinen Welterfolg „Der Hase mit den Bernsteinaugen“. Sehenswert!

Schaurige Showvergangenheit

Kau zu glauben, was für Fundstücke Youtube immer wieder ausspeit: zum Beispiel ganze Folgen de 70er-Jahre-Show "Musik ist Trumpf" mit Peter Frankenfeld. Man hat ja jetzt viel Zeit, da lässt sich natürlich gut hineinschauen in Sachen, die die Leute vor 50 Jahren unterhaltsam fanden. Zum Beispiel gleich zum Einstieg einmal eine fünfminütige Belehrung über fachgerechten Postkartenversand. Alles geschieht wie in Zeitlupe, auch die Tanzbewegungen des deutschen Fernsehballetts, und der Humor hat was deutlich Neandertalerhaftes. Somit ist so eine Anderthalbstundenshow natürlich auch eine sehr gute Methode, freche Kinder drakonisch zu bestrafen, wenn man sie gerade noch nicht lobotomisieren möchte. Warnung: das Familienleben ist nachher wahrscheinlich nicht mehr, was es vorher war.