Königin Elizabeth II. betrat als Medienereignis die Bühne der Welt: Ihre Krönung zum Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreiches und der Commonwealth-Staaten war am 2. Juni 1953 eine europaweit empfangbare Sendung. Ihr Abschied am heutigen Tag wird ein ähnliches Ereignis werden.

1953 war der Nachhall des Zweiten Weltkrieges allgegenwärtig, die „Welt“ war in die Hemisphären der Westmächte und des Ostblocks eingeteilt und Königin Elisabeth trug das postkoloniale Erbe Englands mit sich. Ungeachtet dessen wurde die Queen zum Massenphänomen, sie selbst zum Massenprodukt: Fahnen, Teller, Becher, einfach alles wurde mit der Silhouette der Königin bedruckt.

„Sie wurde allein durch ihre Umrisse erkennbar. Die Königin, eine kleine Frau unter einem Hut, an deren Arm eine Tasche baumelte.“
Straits Times, Singapur

Als die Königin am 8. September 2022 starb, überschlug sich die Welt mit Huldigungen. Sie hatte es in ihrer seit 1953 anhaltenden Regentschaft geschafft zu einem globalen Pop-Phänomen zu werden: massenhaft verbreitet. Die Queen war zu einem Zitat eines Zitates geworden – ohne das man den Inhalt klar benennen könnte. Vielleicht dachte man an Pflichtbewusstsein, an eine Art Über-Mutter der Engländer, die ihnen Halt in einer sich ständig wandelnden Zeit gab. Doch die Queen war nicht nur ein englisches Phänomen, sie war ein weltweites Popphänomen, das zeigten auch die Nachrufe zwischen Asien und Afrika.

„Die einzige Konstante in einer Welt der verwirrenden Veränderungen.“
The Times of India

Die Welt wird als instabil, als überbordend, als sich ständig verändernd wahrgenommen. Die Queen aber äußerte sich nie politisch (angeblich nur in der Art ihrer Kleidung) und repräsentierte ein vormodernes Gesellschaftsbild: Vielleicht verdankte das Haus Windsor sein repräsentatives Überleben auch gerade der Tatsache, dass die Königin zu einem Abziehbild wurde, zu einer Schneekugel, die sich gut verkaufte. Die Queen war eine Konstante: Eine Frau, die sich für die Medien in Schale warf und die man allein an ihrem Schatten erkannte: Wie Indiana Jones mit Hut und Peitsche waren es bei Elizabeth Hut und Handtasche.

"Es ist das Ende einer Ära."
Okayafrica.com

God save the Queen: Das Bild zum Sex Pistols-Song
God save the Queen: Das Bild zum Sex Pistols-Song © APA/AFP/PETER MUHLY

Das Vermögen der Windsors beläuft sich auf viele Milliarden Euro und aus der englischen Staatskasse erhält das Königshaus jährlich um die 80 Millionen Pfund. In der Musik trat man den gekrönten Häuptern und ihrer Lebensweise kritisch gegenüber: Allen voran die „Sex Pistols“ mit ihre Hymne aus dem Jahr 1977 „God save the Queen“. Der Königin wird darin ein „faschistisches Regime“ unterstellt und England keine Zukunft. Die Band „The Smith“ arbeiteten sich ebenso kritisch am Königshaus ab: „The Queen is Dead“ sorgte 1986 für Entrüstung. Das Königshaus überlebte auch das. Der Schatten der englischen Königin fiel auch auf die Kunst: 175 Mal saß sie Porträt. Andy Warhol verfremdete das Konterfei der Queen 1985 und Chris Levine rückte sie in „The Lightness of Being“ als Hologramm überirdisch in Szene. Schauspielerische Glanzlichter warfen Hellen Mirrens Queen-Darstellung und in jüngerer Zeit die höchst populäre Serie „The Crown“.

Doch so sehr man ihr auch zu Leibe rückte, blieb die Queen entrückt – auch aufgrund ihres Amtes. Sie war eine Märchenfigur, die man massenhaft besitzen, anhören und anschauen konnte, die aber dennoch unerreichbar blieb. Eine Art Imago, ein „Bild der Art“, doch was sie darunter oder davor war – wir wissen es nicht.