Die Gratistageszeitung "oe24" hat auf der Titelseite ihrer Freitagsausgabe eine beinahe ganzseitige Urteilsveröffentlichung platzieren müssen. Darin stellt das Oberlandesgericht Wien fest, dass vor wenigen Jahren behauptete Reichweitengewinne nicht zutreffen. Auch muss die Mediengruppe Fellner die Behauptung unterlassen, oe24.at würde alle Nachrichten am schnellsten oder als Erster veröffentlichen. Der "Krone"-Verlag erzwang die Veröffentlichung.

Die Kaufversion "Österreich" druckte die Urteilsveröffentlichung bereits im Vorjahr ab. Die weitaus reichweitenstärkere Gratisversion "oe24" tat das jedoch nicht. Das veranlasste den "Krone"-Verlag, vertreten durch den Medienanwalt Michael Rami, der auch als Verfassungsrichter tätig ist, dazu, auf die Veröffentlichung in "oe24" zu pochen - mit Erfolg.

Die Seite zwei der Freitagsausgabe von "Österreich" widmet sich ganz dem Urteil bzw. dessen Veröffentlichung auf dem Titelblatt. Dabei schießt die Gratiszeitung scharf gegen "Kronen Zeitung"-Herausgeber Christoph Dichand und Anwalt Rami. Von einem "erfolglosen Dichand" ist die Rede, der den "oe24-Erfolg" mit Titelblatt-Entgegnungen stoppen wolle. "Ein absolutes No-Go in der Medienbranche, ein Anschlag auf die Presse-Freiheit", heißt es. Dichands Kampf gegen "Österreich" und oe24.at gehe mittlerweile so weit, dass er den Medienmanager und "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner über Rami persönlich angreife. Die Rede ist dabei von den Vorwürfen sexueller Belästigung, die mehrere Frauen gegen Fellner vorbrachten. Fellner weist die Vorwürfe strikt von sich.

Rami wird als "wildgewordener Dobermann im Auftrag der Monopol-Medien 'Krone' und 'Heute'" bezeichnet. Zudem kündigt die Gratistageszeitung die Enthüllung eines "neuen, unfassbaren Rami-Skandals" für Sonntag an, nach der sein Rücktritt als Verfassungsrichter "nur mehr eine Frage von Tagen" sein könnte.

"Die Angriffe in den heutigen Ausgaben von 'oe24' und 'Österreich' gegen meine Mandanten 'Kronen Zeitung' und Dr. Christoph Dichand und gegen mich persönlich richten sich von selbst, ihr Motiv ist für jeden offenkundig. Meine Mandanten und ich werden vor Gericht die passenden Antworten geben", hielt Rami in einer Stellungnahme gegenüber der APA fest.