Es gibt den Spruch, dass ein Mann drei Dinge in seinem Leben zu tun hat: einen Sohn zeugen, einen Baum pflanzen, ein Buch schreiben. Letzteres hätten Sie nun mit „Einmal noch schlafen“ erledigt.
MANUEL RUBEY: Ich kenne die weniger intellektuellere Variante: ein Haus bauen, einen Sohn zeugen, einen Baum pflanzen.
Es hätte so ein schöner Einstieg in das Interview werden können. Neue Frage: War dieses Buch über das Jetzt und Entschleunigung ein lang gehegter Wunsch?
Ich glaube, insgeheim ja. Es gab immer wieder freundliche Anfragen von verschiedenen Verlagen, damals hatte es noch nie gepasst. Während des Schreibens an meinem letzten Programm „Goldfisch“ passte es.
Sie berichten, dass Sie eigentlich über etwas anderes schreiben wollten. Dann kam Corona.
Ich wollte ein Sachbuch über Reduktion mit dem Titel „Rubey hört auf“ schreiben und im Selbstversuch mit diversen Dingen aufhören. Das hat dann an Charme verloren, weil alle mit allem aufhören mussten.
Sie setzen sich als Schauspieler, Drehbuchautor und Kabarettist mit Sprache auseinander. Wie war es, selbst ein Buch zu schreiben?
Wenn sich etwas durch mein Leben zieht, ist es Lesen. Wir sind ohne Fernseher aufgewachsen, weil meine Eltern aus einem sehr katholischen Haushalt kamen und es anders machen wollten, deshalb gingen wir auf eine Waldorfschule, wo alles sehr streng war. Als Kind blieb mir nur die Literatur, wobei das ohnehin das Beste ist. Vom Lesen kommt man irgendwann zum Schreiben. Das wurde intensiver. Ich suche nach Geschichten und Pointen. Die Form ist zweitrangig, es dreht sich alles absolut um Sprache.
Seit wann schreiben Sie?
Ich habe in meiner Pubertät mit schrecklichen Gedichten angefangen, die zum Glück vor dem Internet passiert und deswegen verschollen sind. Ich habe die Sorge, dass meine Mutter sie noch irgendwo auf dem Dachboden hat. In der Schule haben wir mit 16 erste Kabarett-Texte verfasst, dann habe ich jahrelang Songtexte geschrieben. Mit Thomas Stipsits hat sich das Schreiben intensiviert und professionalisiert. Zuletzt habe ich verstärkt Drehbücher geschrieben – mit Johanna Moder und Marcel Mohab „Waren einmal Revoluzzer“. Irgendwann habe ich mir eingestanden, dass das Schreiben in meinem Leben eine Wichtigkeit hat. Ich versuche, täglich zu schreiben. Eine Stunde mit einer Zeituhr, am besten gleich morgens.
War das Buch eher Bürde oder logische Konsequenz?
Beides, ich habe die Hintertüre, ich kann sagen: „Ich bin ja kein Schriftsteller!“ Das sehe ich auch so. Aber ich habe einen literarischen Anspruch. Insofern war es keine Bürde, sondern eine schöne Herausforderung.
Wie war das für Ihre Eltern, Sie später im Fernsehen zu sehen?
Mein Berufswunsch wurde immer gutgeheißen, insofern haben sie sich gefreut. Ich hätte es aber gerne meinem Großvater gezeigt, der hat es für brotlos gehalten und sehr darunter gelitten, dass ich nichts Gescheites gelernt habe. Mit dem Theater hätte er nichts anfangen können, aber mich im Fernsehen zu sehen, hätte ihm viel bedeutet. Leider ist sich das nicht mehr ausgegangen.
Haben Sie einen Hauptberuf?
Nein, ich bin von Beruf Manuel Rubey.
Solange der Name Geld aufs Konto bringt.
Genau, solange sich das ausgeht, bin ich sehr glücklich und sehr flexibel damit (lacht).
Sie drehen gerade den TV-Thriller „Jeanny“, benannt nach dem Falco-Song. Worum geht es?
Das ist eine sehr dunkle Geschichte. Es geht um Missbrauch. Ich habe mir das lange überlegt, es ist eine gute Rolle und ich fühle mich stark genug, das auszuhalten. Wir drehen lustigerweise in Mödling. Also dort, wo ich aufgewachsen bin. Laut Drehbuch läuft im Abspann der Falco-Song, aber ich werde ihn nicht neu einsingen. Vor 13 Jahren habe ich mir geschworen: „Ich will nicht der Falco-Kasperl der Nation werden.“ Und das gilt bis heute. Ich habe seitdem mehr als 200 Anfragen bekommen – von Werbespots bis Mitternachtseinlagen. Ich sammle sie alle. Abgesehen davon bin ich jetzt so alt, wie er war, als er gestorben ist. Das wäre dann auch frevlerisch.
Verkörpern Sie einen Bösen?
Das möchte ich nicht verraten, aber zumindest bin ich sehr involviert in diese Geschichte.
Und nach dem Thriller?
Mit Sebastian Huber und Jürgen Marschal von der „Tagespresse“ und Eva Maria Potter haben wir mit einer Münchner Produktionsfirma ein Konzept für ein Humorformat in Serie entwickelt. Das liegt nun bei diversen deutschen Sendern. Dann drehe ich mit Marie Kreutzer den Landkrimi weiter, der unterbrochen werden musste, einen Landkrimi mit Catalina Molina. Aber weil die Frau Kollegin Stefanie Reinsperger nun „Tatort“-Kommissarin geworden ist und man nicht doppelt ermitteln darf, könnte das der letzte Teil sein.
Wie geht es mit dem Kabarett weiter?
Sie hätten wahrscheinlich noch gerne Ihr Kabarett-Programm gespielt. Das ist jetzt verschoben worden. Spielen Sie schon wieder?
Ich spiele seit einigen Wochen wieder. Ich habe 40 Vorstellungen abgesagt. Es ist zwar weniger, aber ich freue mich über jeden Tag, an dem gespielt werden kann. Ich bin aber nicht wahnsinnig hoffnungsfroh, dass wir lange spielen werden, aber jetzt geht’s noch. Die Theater geben sich wahnsinnig Mühe, dass sie sichere Orte sind.
Wir sitzen gerade im Cafe Z und weiter hinten beght die Wiener FPÖ ihren Wahlkampfauftakt mit der John Otti Band. Sie sind ein sehr politischer Mensch: Wie sehen Sie dieser Wahl entgegen?
Ich möchte es positiv formulieren. Ich lebe den Großteil meines Lebens in dieser Stadt, aber ich habe mit dieser Stadt auch immer wieder gehadert, weil ich nach Berlin wollte. Ich bin aber seit fünf bis sieben Jahren hier angekommen und finde es die beste Stadt der Welt. Ich lasse mir diese Stadt von niemandem schlechtreden. Wien hat bei allen Verstrickungen seit Kriegsende sehr viel richtig gemacht. Es ist nicht umsonst, dass Wien seit zwei oder drei Jahren die lebenswerteste Stadt der Welt ist und dass es keine Ghetto-Bildung gibt, obwohl es eine riesengroße Stadt ist. Insofern hoffe ich, dass die Wienerinnen und Wiener sagen, dass die Populisten hier nichts zu melden haben. Es war ja schon mal anders, aber zum Glück für uns alle gab’s Ibiza und die Spesen-Affäre. Die werden sich jetzt gegenseitig ein bisschen bekriegen und hoffentlich in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Das ist vielleicht ein bisschen utopisch, aber im Moment bin ich ganz hoffnungsfroh, dass es zumindest für Wien gut ausgehen könnte.
Sind Ihre Töchter eigentlich auch schon Kritikerinnen von Ihnen?
Die finden das ganz komisch. Besonders die Kleine tut sich aber ganz schwer. Die findet das nicht in Ordnung, dass man sich so verstellt und andere Frauen hat oder andere Rollen. Es war aber ganz gut, dass sie bei „Waren einmal Revoluzzer“ mitgespielt haben, um das Business kennenzulernen. Sie wollen aber nicht Schauspielerinnen werden.
Was wollen sie stattdessen werden?
Die Große möchte in Paris Patisserie machenm, das ist schon lange sehr konkret. Sie bäckt auch täglich und sehr gut. Jetzt ist sie auch vegetarisch und vegan, also hat sie auch eine politische Agenda, in ihrer Klasse sind alle vegetarisch. Die Kleine möchte gerne „Undercover-Polizistin“ werden.