Die slowenische Stadt Maribor hat dem umstrittenen deutsch-nationalen Dichter und Priester Ottokar Kernstock (1848-1928) die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Der Stadtrat stimmte am gestrigen Montag mehrheitlich dafür, dem aus Maribor gebürtigen Kernstock, der unter anderem das Hakenkreuzlied verfasst hat, den 1909 verliehenen Ehrentitel zu entziehen, berichteten slowenische Medien.

Die Initiative zur Aberkennung der Ehrenbürgerschaft wurde im Vorjahr vom Stadtrat Igor Jurisic (Jugendpartei - Europäische Grüne) gestartet. Er argumentierte, dass Kernstock "Wegbereiter des Nazismus und Anreger dieser Ideologie" gewesen sei. "Es handelt sich hier nicht um Geschichtsrevision. Wir bereinigen damit Maribor von der Nazi-Vergangenheit", sagte Jurisic am Montag laut der Tageszeitung "Vecer". Er verwies darauf, dass ähnlich schon vor Jahren zahlreiche Städte in Österreich und Deutschland handelten.

"Er war jemand, der seine ganzes Leben die Rassenintoleranz anstiftete und der sich wünschte, dass aus Maribor alles verschwindet, was slowenisch ist", betonte Jurisic laut der Nachrichtenagentur STA. Als besonders umstrittener Vers des Dichters gilt aus Sicht der Stadt folgender: "Lasst die wilden Slawenheere nimmermehr durch Marburgs Tor, lieber rauchgeschwärzte Trümmer als ein windisch Maribor."

Bereits im Jahr 2012, als Maribor europäische Kulturhauptstadt war, sorgte Kernstocks Ehrentitel für Diskussionen in der Stadt, damals wurde es jedoch dabei belassen. Der umstrittene Dichter wurde in Maribor geboren und verbrachte dort seine Kindheit, eher die Familie nach Graz zog. In der österreichisch-ungarischen Monarchie waren große Teile des heutigen nordöstlichen Sloweniens Teil des Kronlandes Steiermark. Städte wie Maribor, Celje (Cilli) und Ptuj (Pettau) waren überwiegend deutschsprachig, ihr Umland slowenisch.

Denkmal in Hartberg

Vergangene Woche wurde im oststeirischen Hartberg ein Denkmal des Dichters vermutlich vor dem Hintergrund der weltweiten Anti-Rassismus-Proteste mit roter Lackfarbe beschmiert. Das Denkmal im Bergpark der oststeirischen Bezirkshauptstadt ist im Gegensatz zu diversen Straßen- und Platznamen, die bereits geändert wurden, noch immer eine Erinnerung an den Kernstock.

1923 verfasste Kernstock unter anderem für die nationalsozialistische steirische Ortsgruppe Fürstenfeld den "Hakenkreuzlied". Damit wurde er einer der bevorzugten Dichter des "Dritten Reiches", obwohl er bereits im Jahr 1928, fünf Jahre vor der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland, gestorben war und auch nie Mitglied irgendeiner NS-Organisation in Österreich war.