Der Vertrag des erst seit zwei Jahren amtierenden Intendanten der Wiener Festwochen, Tomas Zierhofer-Kin, wird drei Jahre vor Ablauf per 30. Juni einvernehmlich aufgelöst. Dieses Resultat eines gestrigen gemeinsamen Gesprächs mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Rudolf Scholten, Festwochen-Geschäftsführer Wolfgang Wais und der neuen Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler wurde heute bekanntgegeben.

"Ich habe diesen Vorschlag der Kulturstadträtin unterbreitet, da ich trotz vieler künstlerischer Erfolge und der gelungenen Bemühungen, ein für die Festwochen neues Publikum zu gewinnen, auf keine breitere Resonanz gestoßen bin", wurde Zierhofer-Kin in einer Aussendung zitiert. "Diese Entscheidung ist Ausdruck meiner Verantwortung, die ich insbesondere gegenüber den internationalen Künstler*innen sowie den Wiener Festwochen, die aus meiner Sicht ungerechtfertigter Kritik ausgesetzt waren, wahrnehme."

Die Entscheidung sei "in einem konsensualen Gespräch getroffen worden", betonte Kaup-Hasler (SPÖ). "Ich kenne Tomas Zierhofer-Kin persönlich seit langem und schätze seine Arbeit. Wir teilen das Interesse an einer Kunst, die nicht nur reproduzierend ist, sondern auch in neue Terrains vordringt. Ich weiß, was eine derartige Neuorientierung, die Zierhofer-Kin vorgenommen hat, auf allen Ebenen bedeutet. Ich bin überzeugt, dass wir unser freundschaftliches Verhältnis auch in Zukunft aufrechterhalten. Jetzt gilt es darüber nachzudenken, die Wiener Festwochen weiterhin als innovatives und strahlendes Festival zu positionieren."

"Ich bedauere diesen Schritt und nehme Tomas Zierhofer-Kins Entscheidung, der ich mit großem Respekt und außerordentlicher Wertschätzung begegne, zur Kenntnis", äußerte sich Festwochen-Geschäftsführer Wolfgang Wais zu der vorzeitigen Vertragsauflösung des Intendanten.

Aufsichtsratsvorsitzender Rudolf Scholten dankte Zierhofer-Kin "für den mutigen Schritt, eine Neukonzeption der Wiener Festwochen einzuleiten. Ich habe den Eindruck, dass ihm dabei sehr vieles außerordentlich gut geglückt ist und hoffe, dass er den Festwochen weiterhin verbunden bleibt."

Schon die erste Saison des Nachfolgers des nach Salzburg gewechselten Intendanten Markus Hinterhäuser geriet im Vorjahr unter starke Kritik: Die einstige Leistungsschau des Welttheaters, das über ein so großzügiges Budget - von den 12,5 Mio. Euro kommen 10,4 Mio. von der Stadt Wien - verfügt wie nur wenige andere europäischen Festivals, sei zu performancelastig und zu ausschließlich diskursorientiert, lauteten die Vorwürfe.

Zierhofer-Kin verteidigte sich damit, dass ein Neustart und ein Versuch, neues Publikum für das Festival zu gewinnen, von der Stadt Wien gewünscht worden sei. Er räumte aber "Kommunikationsprobleme" beim Vermitteln seines Programms ein: "Beim Durchblättern des Programmbuchs hatte man das Gefühl, es ist ein postkoloniales Diskursfestival", gab er zu. Er veränderte sein Kuratorenteam und programmierte heuer weniger spröde. Dennoch vermisste man auch diesmal große Publikumserfolge ebenso wie bedeutende Eigenproduktionen. Die Besucherzahlen seiner am Sonntag zu Ende gegangenen zweiten Saison sollen voraussichtlich am Donnerstag bekanntgegeben werden, hieß es heute seitens der Festwochen.

"Auf jeden Fall braucht so ein Konzept Zeit, sich zu entwickeln", sagte Tomas-Zierhofer-Kin im April im APA-Interview. Diese Zeit hat er nun nicht mehr. Sein Vertrag wird drei Jahre vor dem geplanten Auslaufen einvernehmlich gelöst.