"Ich muss Grenzen überschreiten". Das sagt der deutsche Künstler Florian Mehnert und liefert auch einen drastischen Beweis dafür. In seinem Kunstprojekt "11 Days" können Zuseher per Computer oder Smartphone auf eine in einer weißen und mit Stroh bedeckten Box kauernde Ratte schießen. Auf das Tier ist eine Pistole gerichtet. Ganz nach dem Modus der virtuellen Welt und der Ego-Shooter, wo der Finger bei Millionen Menschen in der Tat sehr locker sitzt.

"Nur ein Klick"

Mehnert sieht seine umstrittene Aktion nicht nur als Protest gegen das "Massaker" in diversen Computerspielen, sondern auch als Reaktion auf die weltweit herumschwirrenden Drohnen, die per Fernsteuerung Menschen liquidieren. Elf Tage dauert die Aktion, ehe am 24. März, Punkt 19 Uhr, die Stunde der Wahrheit folgt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Ratte lediglich beobachtet werden, dann schlägt ihr wohl die letzte Stunde. Denn dann wird ein Livestream freigeschaltet, alle Zuschauer können per Klick einen Schuss aus der real existierenden Waffe auslösen.

Voting

Zu seiner geplanten Rattenexekution sagt Mehnert: "Eine Ratte stirbt für die Kunst. Mit wäre es auch lieber, wenn das nicht nötig wäre. Aber die Menschen sind abgestumpft." Dass er damit nicht unbedingt falsch liegt, belegt eine auf seiner Webseite durchgeführte Umfrage. Bisher meldeten sich dort mehr als 1000 User, die die Ratte tot sehen wollen.

Womit ja eigentlich auch schon eine Entlarvung geglückt wäre. Dem kleinen Tier, so darf wohl angenommen werden, wird in den nächsten elf Tagen niemand zu Hilfe eilen.

Morddrohungen

Etliche Monate hat Mehnert an dieser drastischen Aktion gearbeitet, mittlerweile bekam er bereits mehrere Morddrohungen. Womit sich auch die Spirale der Perversion in eine ganz andere, makabre Richtung weiterdreht, Mehnert hofft, dass Tierschützer die Aktion nutzen, um auf andere, brisante Themen aufmerksam zu machen. Statt ihn zu kritisieren, solle man zum Beispiel gegen Laborversuche an Ratten protestieren. Kein schlechtes Argument.

Für das Tier bleibt in diesem Fall noch eine andere Hoffnung. Der Server ist fast ständig überlastet und ist nur selten erreichbar. Obwohl der Countdown noch gar nicht begonnen hat. Vielleicht also erreicht der Künstler mit seinem zwiespältigen Projekt auch so sein Ziel - ohne Projektil.

Wer mehr über "11 Days" wissen möchte, wird gewiss rasch fündig. Das Internet weiß alles, auch über uns, bloß wissen wir das nicht immer. Wie sagt doch Mehnert? "Wegen des Drohnenkriegs oder der Totalüberwachung regt sich niemand auf. Aber wegen meines Experiments explodiert die Empörung."