Während das austrofaschistische Österreich schlingerte, machte sich ein gutes Dutzend junger Männer auf die Reise ihres Lebens. Als Kicker des Grazer SC Straßenbahn wurden sie vor 90 Jahren nach Niederländisch-Indien (heute Indonesien) eingeladen, um dort als Repräsentanten der Kolonialmacht einen vermeintlichen Siegeszug hinzulegen. Der Verein, der heute in der siebenten Fußballliga fristet, war ein Rädchen im globalen Kräftemessen. Eine Geschichte, zu gut, um nicht erzählt zu werden.

Dachte sich auch Christian Winkler. Der Autor und Regisseur – letzteres unter seinem Alias Franz von Strolchen – baute mit „Empire: Rooting for the Anti-Hero“ eine Stückentwicklung im Sinne des herbst-Mottos „Horror Patriae“. In die Mitte seiner Erzählung stellt er Suwandi, der als Sklave nach Java verkauft wurde und über Umwege in Graz landete. Bei Kastner & Öhler arbeitete er als Liftboy, bevor er mit der Mannschaft in seine alte Heimat ging. Mit nur einer Funktion: Den unbedarften Kickerburschen als Beweis zu dienen, dass es den angestrebten Ort tatsächlich gab. Irgendwo statt nirgendwo. Doch Suwandi kann mehr, am Ende ist er Trainer, Liebhaber und vielleicht nichts davon. Wo das Pendel der Doku in die Fiktion ausschlägt, bleibt unklar und unerheblich.

Am Ende fällt ein Schuss

Die schiefe Ebene der Macht manifestiert sich auch auf dem Spielfeld. Der Straßenbahner-Club gewann, weil er gewinnen musste, weil die anderen verlieren mussten. Trainer Niederl indes, der verliert kein Spiel, aber sein Herz und deswegen auch die Mannschaft. Am Ende fällt ein Schuss und dann ist Schluss mit lustig und dann zahlt wieder der Untertan den Preis. Ein surreales Schauspiel auch das, Licht-Ton-Dissonanzen verraten die Brüche in der Authentizität.

Der Kolonialismus zeigt sich in „Empire“ weniger in seiner Brutalität als in seiner grenzenlosen Absurdität. „Wie mein Großvater damals nur eine Rolle spielte, spiele auch ich eine“, reißt Erzähler Marten Schmidt die Erwartungsmauer ein. Über ihm ein wundersamer Strauß an Lichtern, hinter ihm Anna Anderluh und das 16-köpfige Gamelan-Orchester der Kunstuni Graz vor einem bodenfüllenden Instrumententeppich, der erst nach 90 grandiosen Minuten verklingt.