"Ich lass’ dich jetzt nicht allein. Ich lass’ dich nicht allein." Es sind zwei Sätze, die Jacqueline Hubmann Kraft geben, und nicht mehr als zwei Sekunden, die ihr Leben schlagartig für immer verändert haben.
Nach einem Rodelunfall ist der Ehemann der 38-Jährigen querschnittsgelähmt und kämpft sich auf der Intensivstation im Klinikum Klagenfurt seit Wochen zurück ins Leben.

"Wir waren mit den Kindern auf dem Dreiländereck. Der Ausflug stand schon lange an und irgendwie war immer etwas, warum wir ihn verschoben haben. Oben angekommen, haben wir nach der Bahn gesucht, sind durch den Schnee gestapft, haben Leute gefragt. Irgendwann ging’s los", erzählt sie heute. Richtig präpariert schien nichts zu sein und doch war es der Abschnitt, zu dem die Familie auf Nachfrage geschickt wurde. Und er wirkte nicht gefährlich. "Es war nicht schön zum Fahren, immer wieder sind wir im Schnee steckengeblieben, haben die Pausen für Erinnerungsfotos genutzt, uns eine schöne Zeit gemacht. Christoph ist vorausgefahren. Am Schluss war er mit unserer großen Tochter Chiara unterwegs und ich mit der Kleinen."

Christoph Hubmann mit seinen Kindern beim Rodelausflug auf dem Dreiländereck
Christoph Hubmann mit seinen Kindern beim Rodelausflug auf dem Dreiländereck © KK

"Der Papa liegt da unten"

So lange, bis die Arztassistentin plötzlich panische Hilferufe vernahm. Beim Erzählen stockt ihr noch immer der Atem. Auch Wochen danach ist der 5. März so präsentiert wie kein anderer Tag. "Ich habe Chiara den Hang hinaufkriechen sehen. Sie hat geschrien: Der Papa liegt da unten, der Papa braucht Hilfe!"

Von dem Moment an wurde der Schicksalsschlag Realität. Christoph Hubmann, selbstständiger IT-Fachmann, Sportler, Familienmensch, Optimist, zog sich schwerste Verletzungen an der Wirbelsäule zu. Am Unfallort noch ansprechbar, spürte er das auch selbst. "Er hat versucht, seinen Körper zu bewegen, es ging aber nicht. Ich hatte solche Angst, dass er querschnittsgelähmt ist."

Das Paar bei der Hochzeit 2017
Das Paar bei der Hochzeit 2017 © KK

Im Klinikum Klagenfurt bestätigte sich der Verdacht und nach der ersten Operation kam auch das erste große Tief. "Mein Mann ist vor mir gelegen und war dabei, sich aufzugeben." Die Tränen fließen über das Gesicht der zweifachen Mutter. Und im selben Moment wird ihre Stimme wieder kräftig. "Ich habe ihm gesagt, dass das nicht geht. Dass wir ihn brauchen. Dass wir das schaffen werden. Wie wir schon so vieles geschafft haben."

Dann künstlicher Tiefschlaf. Ungewissheit und doch Klarheit. Das Wissen, dass es auch ein Leben nach diesem surrealen Zustand geben wird. "Wie mache ich das mit den Kindern? Wie kann ich unser Zuhause abbezahlen? Mit welchen Mitteln das Haus umbauen? Hoffentlich umbauen. Zwischen Emotionen gesellte sich die nackte finanzielle Realität: Versicherungen, die prüfen, bevor sie – eventuell – auszahlen. Das Einkommen eines Hauptverdieners, das zu einhundert Prozent wegfällt. Ein Kredit, der nicht abbezahlt ist. Zwei Kinder, die das Recht auf Kindheit haben.

Die beiden Kinder sind der Mittelpunkt der Familie
Die beiden Kinder sind der Mittelpunkt der Familie © KK

Aus dem Tiefschlaf geweckt

Tage später weckten die Ärzte Christoph Hubmann aus dem Tiefschlaf. Und er erinnerte sich: "Ich lass’ dich nicht allein. Ich habe es dir versprochen." Seither gibt es für die vierköpfige Familie aus Velden nur mehr einen Weg. Den in Richtung Zukunft. "Christoph kann schon wieder fast eigenständig atmen und kommt hoffentlich bald von der Intensiv weg. Dann einige Wochen Reha, irgendwann der Hausumbau und vielleicht ja auch der Weg zurück in die Arbeitswelt."

Jacqueline Hubmann hat diesen Schritt selbst bereits gesetzt. Seit ein paar Tagen arbeitet sie wieder in Teilzeit als Arztassistentin. Ein klein wenig Normalität als Hoffnungsschimmer – und eine Welle der Hilfsbereitschaft, die berührt. Der Round Table Spittal, dessen Vorsitz der Verunfallte heuer übernommen hatte, richtete ein Spendenkonto ein, auch "Kärntner in Not" half mit einer Sofortzahlung und wird die Familie weiter begleiten.

"Ich bin einfach dankbar. Für diese Anteilnahme und für das Leben. Man denkt nie, dass einem so etwas passieren kann. Umso wichtiger ist es, zu schätzen, was man hat und auf sein Gefühl zu hören", ist die junge Frau überzeugt.