Ein Morgen an einem Wochentag, Oskar ist in der Schule, in ihrer Wohnung in St. Veit gönnt sich Oskars Mutter Nina Feichter einen Kaffee. Im Wohnzimmer zwei Puzzlespiele von Oskar. Sie zeigen, dass er immer noch seine Leidenschaft für das Puzzeln auslebt. „Das macht er immer noch richtig gern, einstweilen ist er bei 300 Teilen angekommen“, erzählt seine Mama. Gerade ist die Entwicklung ihres Sohnes eine riesengroße Freude für Feichter. Ihr Neunjähriger, der das Down-Syndrom hat, hat das Lesen für sich entdeckt. „Oskar liest richtig gern.“

Bibi Blocksberg und Leo Lausemaus gehören unter anderen zu den Bücherhelden von Oskar. Genau das wünschte sich Feichter für ihr Kind. Für die Familie ist das „eine große Freude und ein Riesenschritt an Normalität. Ich habe mir gedacht, er wird vielleicht einen Einkaufszettel lesen können, aber nicht einfach aus Freude ein Buch.“

Oskar hält sich deshalb gerne auch bei seiner Oma in der St. Veiter Stadtbibliothek, die sie leitet, auf und schmökert sich durch die Seiten. Absolutes Lieblingsbuch: „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte.“ Der Held der Geschichte, ein Löwe, kann nicht schreiben, aber das stört ihn nicht, denn er kann brüllen und Zähne zeigen. Und mehr braucht er nicht. Zusätzlich ist Uno-Spielen für den Neunjährigen der absolute Renner. Es wird gespielt, was das Zeug hält.

Nina Feichter mit ihrem Sohn: „Wir haben uns zu einem super Duo entwickelt“
Nina Feichter mit ihrem Sohn: „Wir haben uns zu einem super Duo entwickelt“ © KK

Großer Bruder, neue „Begleitung“

Einen möglichen neuen Spielkameraden für Oskar gibt es auch in der Familie: „Oskar ist ein großer Bruder geworden“, erzählt Feichter. Oskars Papa hat hat mit seiner neuen Partnerin ein Baby bekommen. Jetzt habe Oskar nicht mehr alle Erwachsenen der Familie für sich allein. „Aber er ist total stolz.“ Die Trisomie 21, das Down-Syndrom, das Oskar hat, bekam auch eine „Begleitung“ durch eine besondere Form von ADHS: Es nennt sich „Pathological Demand Avoiding“ und heißt übersetzt „Befehlsverweigerung“ „Mein Kind hat einen starken Hang zu Autonomie und Selbstbestimmung“, sagt Feichter schmunzelnd.

Sie lernt auch selbst daraus, nämlich gute Fähigkeiten für befehlsreduzierte Kommunikation mit ihrem Kind: „Ich sag‘ nicht mehr, Oskar, zieh deine Schuhe an, wir gehen jetzt. Ich sage: Welche Schuhe magst du denn anziehen, wenn wir jetzt gehen, die roten oder die blauen“, so die als Psychologische Beraterin tätige Mama und schmunzelt.

„So hat Oskar dann etwas, das er selbst entscheiden kann.“ Fühlt er sich eingeengt oder gezwungen, dann sei das Resultat „Fight or Flight, Rückzug oder Stillstand“, so Feichter.

Drittes Schuljahr

Die Kleine Zeitung begleitet Oskar und seine Familie seit Jahren. Oskar besucht aktuell die dritte Klasse Volksschule. Leicht und eitel Wonne war bis jetzt nicht alles seit dem Eintritt in die Schule. „Das Bildungssystem, in dem wir uns befinden, ist nicht für neurodivergente Menschen gemacht“, sagt Feichter. Neurodivergenz heißt, die kognitiven Gehirnfunktionen eines Menschen weichen von denjenigen ab, die eine Gesellschaft als innerhalb der Norm liegend definiert. Die Integrationslehrerin sei immer sehr bemüht, für Oskar und auch andere Kinder mit Einschränkungen gibt es auch eine Schulassistenz, im heurigen Jahr sei diese sehr unterstützend und bemüht.

„Mit der Schule steht und fällt alles, sie bestimmt unser Leben ja sehr“, betont Feichter. „Beim Lernen geht alles, was auch bei den anderen Kindern geht, aber nur in einem anderen Tempo.“ Nina Feichter denkt nun auch schon voraus, denn in nicht mehr all zu langer Zeit wird Oskar ein Jugendlicher sein. „Da kommt zu allem die Pubertät noch dazu“.

Veränderung

Bald ist auch schon die dritte Klasse Volksschule beendet, da heißt es jetzt schon nachzudenken, wie es weitergehen soll, wenn der Wechsel in die Mittelschule ansteht. Integrationsangebote gibt es, für eine Schule gibt es auch schon eine Präferenz. Aber Feichter möchte ihre Entscheidung gut treffen und sich die Schule deshalb gut ansehen.