Der Unterschied von darstellerischem Anspruch und wirtschaftlicher Wirklichkeit wirkt selten so klar wie im Auseinanderdriften der Europaregion Tirol in der Transitfrage. Wie aus Bozen die in Innsbruck ersonnenen Lkw-Fahrverbote bekämpft werden, das entlarvt alle Euregio-Bemühungen als politische Sonntagsreden. Sobald ökonomische Interessen im Spiel sind, hat die Landeseinheit Pause.

Das schwere Zerwürfnis zwischen der Handelskammer im Süden und der Regionalregierung im Norden degradiert aber auch die nominellen Spitzenpolitiker zu Figuren auf einem Schachfeld. Die Spieler sind andere. Zum Beispiel Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen und ehemals Abgeordneter zum Europäischen Parlament. Seine Familie verfügt über die Mehrheit an der Athesia, dem dominierenden Medienhaus Südtirols, das von Herbst 2003 bis Anfang 2007 auch die Hälfte an seinem Nordtiroler Pendant, der Moser Holding besaß. Damals war Ebner kooptiertes Mitglied im Landesparteivorstand der ÖVP. Heute orchestriert er europaweit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Parteifreunde hinter der Brennergrenze. Sein Landeshauptmann Arno Kompatscher kann dabei ebenso bloß hilflos zusehen wie dessen Kollege Günther Platter, der aktuell auch noch Präsident der Europaregion ist. Die beiden sind Janusgesichter der politischen Ohnmacht.

"Walser ist verdächtig still zur Transitfrage"

So wenig Handhabe Kompatscher gegen die dortige Handelskammer hat, so gering ist Platters Einfluss auf die hiesige Wirtschaftskammer. Während aber in Bozen Michl Ebner kaum noch Landeshauptmann werden will, ist Christoph Walser in Innsbruck zu jung für solche Absichtslosigkeit. Sonst kaum um ungefragte Wortspenden verlegen, bleibt der Kammerpräsident verdächtig still zur Transitfrage. Als Speditionsunternehmer mit 50 Lkw erscheint seine Position dazu ziemlich klar – aber nicht mehrheitsfähig für weitere politische Ambitionen. So wie Platter ihn nicht in die umgebildete Regierung genommen hat, fehlt WK-Boss Walser auch auf der Liste des immerhin 26-köpfigen Parteivorstands. Das lässt sich formal damit begründen, dass dies auch für AK-Chef Erwin Zangerl gilt und stattdessen Wirtschaftsbund und ÖAAB durch ihre Obleute Franz Hörl und Beate Palfrader vertreten sind. Welche Gefahr die Nicht-Einbindung eines Rivalen birgt, zeigt aber aktuell Südtirol.

Der Transit ist ein Konfliktfall zwischen Wirtschaft und Politik. Ihre Chancen stehen schlecht. Ihre Darsteller müssen das Duell trotzdem wagen. Zuerst intern. Sonst sind sie extern chancenlos.