„Das wird irgendwann ein wertvolles Bild für die Enkel und Urenkel sein: Wann hat man schon die Gelegenheit, mitten in der Isel zu stehen und die volle Breite wahrnehmen zu können?“, wurde Bürgermeisterin Elisabeth Blanik beim „Erlebnistag auf der Baustelle“ durchaus emotional. „Erst wenn man im Bachbett steht, sieht man diese unglaublichen Ausmaße, den Raum, den die Isel mit ihrem Bachbett in der Stadt einnimmt“, so Blanik weiter.
Der Hintergrund: Seit Anfang Jänner stehen wieder schwere Bagger im Flussbett der Isel in Lienz, der zweite Bauabschnitt zum Hochwasserschutz des letzten, größtenteils freifließenden Gletscherflusses der Ostalpen ist in vollem Gange. Am Freitag lud die Stadt Lienz daher Vertreter der Medien aber auch Schulen und alle interessierten Bürger zu einer Ortsbegehung.
An vier verschiedenen Stationen informierten Schautafeln sowie die Mitarbeiter des Baubezirksamts, von Revital, vom Haus des Wassers sowie der Stadtgemeinde Lienz über das 14 Millionen Euro teure Projekt mitten in der Stadt, das vornehmlich dem Hochwasserschutz dienen wird. „Ich bin ganz stolz. Das ist eines der wichtigsten Projekte in der Stadt seit vielen, vielen Jahren – vor allem für die Sicherheit. Wenn man überlegt, dass wir es durchaus einige Male gehabt haben, dass das Wasser oben anstand, dann kann man nachfühlen, was für eine ungeheuerliche Macht und eine Kraft da passiert, wo wir jetzt stehen“, sagt Blanik.
Die Stationen informierten dabei über Hydrographie, also die Pegelmessungen, die Historie der Isel, die Ökologie mit Fauna und Flora sowie den derzeitigen Baustellenablauf. Zudem gab es einen Teestand des Umweltamts. Alleine am Vormittag kamen rund 300 Schülerinnen und Schüler zur Besichtigung, auch der öffentliche Teil ab 13 Uhr war gut besucht. Blanik, die als Bauherrin des Projekts fungiert: „Der Andrang untermauert, dass die Isel als Lebensader des Bezirks auch als emotionales Bindeglied zwischen Menschen und Natur betrachtet wird.“
Baubezirksleiter Johannes Nemmert erläuterte die Fortschritte: „Wir sind jetzt bei der Eintiefung. Bei der Hofgartenbrücke haben wir im vorvergangenen Jahr begonnen, jetzt bauen wir die Flusssohle zwei Meter tiefer bis zur Pfarrbrücke. Dort geht es dann mit einer Sohlenrampe auf die bestehende Sohle. Am rechten Ufer haben wir in der heurigen Niederwasserperiode zudem mit der Vormauerung begonnen, da die Tieferlegung die bestehende Mauerung sonst untergaben hätte. Auch die Geschiebemessstelle wurde abgetragen, die wird bei der Glanzer Brücke in Oberlienz wieder neu errichtet.“
Nemmert ging ebenfalls auf die gewaltigen Wassermassen ein: „Aktuell in der Bauphase fließen genau hier sechs bis acht Kubikmeter durch. Bei einem hundertjährigen Hochwasser wären es 700 Kubikmeter. Nachteil der Bauphase im Winter ist, dass es natürlich kalt ist und zum Beispiel der Beton gefrieren kann.“
Die Isel wird erlebbarer
Blanik freut, dass am rechten Iselufer ein Gehsteig samt Aussichtsplattformen entstehen wird: „Für uns ist es extrem wichtig, dass dieser letzte Gletscherfluss in der Stadt erlebbarer wird.“ Die Bürgermeisterin hob dabei auch die Funktion der Sonnenlounge hervor, die im Vorfeld für einige Unruhe sorgte. Ebenso lobte Blanik die Renaturierung, die flussabwärts der Schlossbrücke der Erholungsnutzung dienen soll.
Bis Juni 2026 werden die Bauarbeiten voraussichtlich andauern. Dabei müssen unter anderem rund 100.000 Kubikmeter Material abtransportiert werden, dazu kommt die Anlieferung von 40.000 Kubikmetern Wasserbausteinen.