Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals von Kindern und Jugendlichen, der Ende Mai die Region erschüttert hat, lud die Stadt Wolfsberg mit dem WAC am Donnerstag zum Infoabend zum Thema Kinderschutz. „Es geht darum, zu informieren, zu sensibilisieren und Hilfestellung für Betroffene zu bieten, wofür wir einen Fachmann vom Kinderschutzzentrum Delfi geholt haben“, sagte Vizebürgermeister Alexander Radl (SPÖ) bei der Begrüßung und fügte hinzu: „Leider sind nicht ganz so viele da, wie gewünscht.“ Immerhin waren im Haus der Musik in St. Stefan viele Reihen unbesetzt.

Maximal 50 Interessierte konnte man zählen – zieht man den WAC-Vorstand, weitere Funktionäre und Nachwuchstrainer des Fußballvereins ab sowie die 15 Fachkräfte des Kinderschutzzentrums Delfi, die aus ganz Kärnten angereist sind, um sich im Anschluss für Einzelgespräche zur Verfügung zu stellen. Fotos von der Veranstaltung waren nicht erlaubt, um den Abend im geschützten Rahmen über die Bühne gehen zu lassen. Im Anschluss konnten Fragen gestellt werden, wovon aber niemand (öffentlich) Gebrauch machte.

„Lehnen jegliche Form von Gewalt ab“

„Ich gehe davon aus, dass sich noch einmal so viele Personen, wie hier sind, dann direkt an das Kinderschutzzentrum wenden werden“, sagte Reinhold Eckhardt als Geschäftsführer der Kinderfreunde nach der Veranstaltung, die von ihm moderiert wurde. Seitens des WAC ergriff Obmann Jürgen Schratter das Wort, immerhin handelt es sich beim mutmaßlichen Täter um einen ehemaligen WAC-Mitarbeiter, der entlassen wurde, weil immer wieder Fan-Artikel gefehlt haben. Über die Ermittlungen durfte der Arbeitgeber aus Datenschutzgründen nicht informiert werden. „Der WAC macht seit Jahren erfolgreiche Nachwuchsarbeit und das Wohlergehen und der Schutz der Kinder ist uns ganz wichtig. Wir haben ein Kinderschutzkonzept und werden nun mit dem Kinderschutzzentrum Anpassungen vornehmen“, sagte Schratter und betonte: „Wir als WAC lehnen jegliche Form von Gewalt und Missbrauch ab. Wir wollen allen Betroffenen Hilfe und Unterstützung anbieten, aber es gibt bessere Anlaufstellen“, spielte Schratter auf das Kinderschutzzentrum Delfi an, dessen Bereichsleiter Thomas Preßlauer im Anschluss daran über die HIlfsangebote informierte.

Rund 700 Kinder und Jugendliche, die von Gewalt betroffen oder gefährdet sind, werden pro Jahr von den Kinderschutzzentren Delfi Kärnten betreut. Als klinischer Psychologe und Psychotherapeut erklärte Preßlauer, wie sich betroffene Kinder fühlen: „Es ist normal, dass Kinder erst schweigen und abwarten, was passiert. Das Erlebte teilen sie nur ungern mit Erwachsenen, insbesondere mit den Eltern. Oft schämen sie sich oder fühlen sich schuldig oder mitschuldig, obwohl sie natürlich nicht schuld sind.“ Gerade mit Geschenken führe der Täter eine Art Exklusivität herbei und erhöhe den Geheimnisdruck. „Oft mögen die Opfer den Täter auch und trauen sich nicht, gegen ihn auszusagen“, sagt der Experte, der weiß, wie Täter ticken: „Die Übergriffe existieren schon lange im Kopf des Täters. Alles ist geplant und wird perfide herbeigeführt.“

Schock, Wut, Überforderung

Auch die Sicht der Eltern kennt das Kinderschutzzentrum zur Genüge: „Für sie ist es eine mittlere Katastrophe, wenn sie erfahren, dass ihr Kind betroffen ist. Die Gefühle reichen von Schock, Wut, Überforderung und Hilflosigkeit bis hin zu Schuld. Wenn man den Täter mit der Tat konfrontiert oder vorschnell zur Polizei geht, wird sich das eigene Kind zurückziehen. Wichtig ist, das Ganze mit Ruhe und Geduld anzugehen und dem Kind ein Gesprächsangebot zu machen. Doch oft wollen die Kinder nicht, dass Mama und Papa genau wissen, was passiert ist. Eltern sollen zulassen, dass Kinder ihnen gegenüber schweigen“, sagte Preßlauer und fügte hinzu: „Die Eltern können sich aber natürlich selbst Hilfe holen. Nachdem sich auf der Erwachsenenebene andere Sachen abspielen, als auf der Kinderebene, betreuen wir Kinder und Eltern auch getrennt.“

Das Kinderschutzzentrum begleitet die Opfer auch zur Polizei. „Kein Opfer muss sich von der Polizei zur Einvernahme zitieren lassen, sondern kann sich an uns wenden. Wir machen dann einen Termin bei der Polizei aus und bereiten die Kinder darauf vor. Wir bieten auch psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren an“, erklärt Preßlauer. Die Organisation bietet Vereinen außerdem kostenlose Kinderschutzkonzepte und Schulungen an. Alle Angebote sind kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Erreichbar ist das Kinderschutzzentrum Delfi unter der Nummer 05 7006 9000, Infos gibt‘s unter kisz-ktn.at.