Wer schon einmal am weitläufigen Sandstrand von Eraclea Mare war, der weiß, wie schön es dort ist. Vorne sieht man das blaue Meer bis zum Horizont, links die Skyline von Caorle und rechts jene von Jesolo. Gerade jetzt, wo die Badesaison an der Oberen Adria vor der Tür steht, ärgert sich die amtierende Bürgermeisterin Nadia Zanchin umso mehr darüber, dass im Moment nicht alles eitle Wonne ist. Ein Mafiaskandal erschüttert die Gemeinde.

Es ist bereits das zweite Mal heuer. Im Februar schoss jemand Feuerwerksraketen ab, um den mutmaßlichen Mafiaboss Luciano Donadio in seinem Zuhause willkommen zu heißen, nachdem dieser nach einigen Jahren im Gefängnis mit der Auflage, nicht zu verreisen, wieder freigelassen worden war.

Jetzt wurde ein ehemaliger Bürgermeister von Eraclea, Graziano Teso, in Venedig zu einer zweijährigen Haftstrafe nach dem Mafiapragrafen verurteilt. Er sitzt jetzt in Venedig im Gefängnis. Es ist das erste Mal, dass ein Bürgermeister im Veneto verurteilt wurde, weil er mit der Mafia paktiert haben soll. Der 74-Jährige ist auch der erste in der Region Veneto, der für dieses Delikt ins Gefängnis muss.

Mitbewerber eingeschüchtert

Von 2004 bis 2011 war Teso mit einer einjährigen Unterbrechung Bürgermeister von Eraclea. Er soll sich laut der italienischen Tageszeitung "Il Gazzettino" im Wahlkampf vom mutmaßlichen Mafiaboss Luciano Donadio, angeblich ein Angehöriger des zur Camorra zählenden Casalese-Clans, unterstützen haben lassen. Unter anderem soll Donadio seinen Mitkandidaten mit einem Brandanschlag eingeschüchtert haben. Donadio trat im Wahlkampf offiziell als Tesos-Unterstützer auf. Der gewählte Bürgermeister soll sich auf seine Weise bedankt haben.

Seine Anwälte fordern jetzt die Freilassung ihres Mandanten mit der Möglichkeit, Fußfesseln zu tragen. Es ist fraglich, ob das Gericht sich darauf einlassen wird.

Verstrickungen in mafiöse Angelegenheiten werden in Italien strenger bestraft als andere Vergehen, bei denen zum Beispiel eine Haftstrafe unter vier Jahren bedingt nachgesehen hätte werden können. "Die Berichte über mutmaßliche mafiöse Verstrickungen verzerren unser Image als Tourismusort. Wir wollen uns aber gerade im Tourismus verstärkt entwickeln. Das zweite Standbein der Gemeinde ist die Landwirtschaft", sagt Zanchin.