Der Hackerangriff auf die Kärntner Landesverwaltung hat auch die allgemeinen Pflicht- und Berufsschulen in Kärnten betroffen, die Systeme mussten heruntergefahren werden. "Auch SOKRATES, das Schulverwaltungsprogramm, war betroffen, und es war nicht ganz klar, ob heuer die Zeugnisse in gewohnter Form erstellt und ausgehändigt werden können. Auch in diesem Bereich wurde intensiv an einer Lösung gearbeitet, ebenso unter der Prämisse Sicherheit vor Schnelligkeit", sagt Bildungsreferent Landeshauptmann Peter Kaiser heute.

Schulabschluss mit Zeugnissen

Seit Mittwoch ist das System wieder in Vollbetrieb. "Damit ist die Ausstellung von Zeugnissen in gewohnter Form möglich, können notwendige Bescheide wie üblich erstellt werden. Ein entsprechendes Info-Schreiben ging von der Bildungsdirektion Kärnten an alle Pflicht- und Berufsschulen in Kärnten", weist Kaiser hin. Einem Schulabschluss mit den entsprechenden Zeugnissen und der Hinterlegung im System stehe damit nichts mehr im Weg.

"Cyber-Notruf"

Der Einfallsreichtum von Kriminellen, die Unternehmen,
Institutionen, Verwaltungen, Länder und auch Privatpersonen über das
Internet angreifen, ihnen Schaden zuzufügen und erpresserische
Lösegeld-Forderungen stellen, ist groß. Und er wird immer größer,
die Angriffe nehmen jährlich zu. Um Betroffenen rasch und wirksam zu
helfen, mutmaßlichen Opfern schnell die wichtigsten Infos zu geben,
um mögliche Schäden einzudämmen, fordert Kaiser die Einrichtung eines eigenen "Cyber"-Notrufes.

Nach Vorbild von Feuerwehr, Rettung und Polizei

"Vor zehn Jahren gab es 3500 angezeigte Cyberattacken in Österreich, 2020 waren es 35.000 und im letzten Jahr bereits 46.000. Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Was tun, wenn ich mir bei einem verdächtigen Mail nicht sicher bin? Wie reagieren, wenn plötzlich irgendwelche Drohungen oder Lösegeldforderungen auf meinem Bildschirm auftauchen? Wie kann ich mich bzw mein Unternehmen schützen und vor weiterem Schaden bewahren? Welche Notfallmaßnahmen sind unverzüglich einzuleiten? Dafür sollte es nach Vorbild von Feuerwehr, Rettung und Polizei einen eigenen Notruf geben, unter dem die Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr, sieben Tage die Woche
entsprechende Antworten, Auskünfte, Handlungsanleitungen bekommt",
greift Kaiser, die Idee des Cyber-Experten, Cornelius Granig, der auch die Kärntner Landesregierung nach dem Hackerangriff berät, auf. Ob 155 oder 2927 (die Zahlenkombination ergibt am Telefon das Wort "Cyber") oder eine andere, leicht merkbare Nummer – die Umsetzung sollte rasch möglich sein.

Gesetzesänderung

Kaiser fordert zudem von der Bundesregierung die Aufstockung von Cyber-Experten, insbesondere bei der Exekutive - "die oben genannte Zunahme an Cyber-Attacken, sprechen für sich: Es gibt mehr Internet-Verbrecher als Hendldiebe" – und strengere Gesetze. „Nachdem die Verbrecher meist aus dem Ausland operieren und sich die internationalen Strafverfolgungsbehörden an der nationalen Gesetzeslage orientieren und bewerten, muss Österreich hier gesetzlich nachschärfen. Erst wenn bei uns entsprechende Angriffe gesetzlich auch vom Strafrahmen her als schwere Verbrechen behandelt werden, kann es eine wirksame internationale Strafverfolgung geben“, so der Landeshauptmann und will seine Forderung auch zum Thema bei der Landeshauptleutekonferenz machen.

"Ablenkungsmanöver"

Die heutigen Forderungen von Landeshauptmann Kaiser nach einem Cyber-Notruf und nach strengeren Gesetzen ordnet Team Kärnten-Chef Bürgermeister Gerhard Köfer in die Kategorie Ablenkungsmanöver ein: "Das Kommunikations- und Krisenmanagement-Desaster des Landes rund um diesen schwerwiegenden Hackerangriff nimmt weiter seinen Lauf. Anstatt auf transparente Aufklärung im Sinne der Bürger zu setzen, versucht man weiterhin, mit irgendwelchen Nebenforderungen von der eigentlichen Causa abzulenken und den Menschen Sand in die Augen zu streuen." Aus der Sicht zahlreicher Experten sind strengere Gesetze nicht dafür geeignet, um das Problem grundsätzlich zu lösen, so Köfer: "Auch ein Notruf-System wird uns nicht retten. Vielmehr gilt es, Investitionen zu tätigen, um solche Angriffe bereits grundsätzlich abzuwehren. Dazu gehört es, dass die Mitarbeiter entsprechend geschult werden."

Wie mangelhaft Kärnten auf solch eine Situation vorbereitet war, spiegelt sich beispielsweise darin wider, dass das Land aktuell über gar keinen Versicherungsschutz, mit dem Schäden durch Cyberangriffe und deren Folgen abgedeckt wären, verfügt, erklärt Köfer: "Und das trotz entsprechender Angebote, die dem Land vorgelegen sind. Aufgrund des fehlenden Versicherungsschutzes ist jetzt auch das finanzielle Ausmaß des Schadens völlig unklar." Köfer verlangt von LH Kaiser und Co, endlich auf eine transparente und offene Kommunikation zu setzen, anstatt für noch mehr Desinformation zu sorgen: "Es braucht klare Worte und keine Ablenkung vom eigentlichen Problem, wie wir es heute wieder miterleben müssen."