Nach der schlimmen Trockenheit im vergangenen Sommer erlebt Frankreich derzeit ein neues Wetterphänomen: die Winterdürre. Sie ist weniger auffällig und belastet den Alltag der meisten Menschen kaum. Aber ihre Folgen können dramatisch sein. Gut einen Monat lang hat es in Frankreich am Stück nicht geregnet, so einen langen Zeitraum hat es seit Beginn der Aufzeichnungen nicht gegeben. Wassermangel, schlechte Ernten, immer frühere Waldbrände drohen.

In Paris und anderen Großstädten hat die lange Trockenzeit vor allem Auswirkungen auf die Luftqualität. Seit Jahresbeginn gibt es immer wieder Feinstaubalarm in Paris. Auf dem Land sind die Auswirkungen deutlicher zu erkennen: Flussläufe trocknen aus, der Wasserspiegel von Seen und Talsperren sinkt, Pflanzen sterben ab.

Bäume sterben ab

Im Cornières-Massiv, ein Ausläufer der Pyrenäen in der Nähe vom Mittelmeer, sterben mitten im Winter Stech-Eichen, Aleppo-Kiefern und wilde Olivenbäume ab - alles Bäume, die als besonders widerstandsfähig gelten.

Kommt es dort zu Waldbränden, wird sich das Feuer von den trockenen Büschen und Bäumen genährt rasend schnell ausbreiten. Bereits im Februar sind in der Nähe von Perpignan 60 Hektar Vegetation abgebrannt - ein extrem früher Zeitpunkt für einen Waldbrand in Frankreich.

Wasser war in Frankreich bisher immer in Fülle vorhanden. Das Land ist durchzogen von mächtigen Flüssen wie der Loire, der Seine und der Rhone. Die Alpen und die Pyrenäen bringen die Wolken zum Abregnen. Und es gibt ausgedehnte Grundwasserreserven.

Gundwasserspiegel sinkt statt zu steigen

Üblicherweise steigt der Grundwasserspiegel in den Wintermonaten wieder an. In diesem Jahr wäre das besonders wichtig, nach der Trockenheit im vergangenen Sommer. Tatsächlich ist der Grundwasserspiegel bereits zwei Monate im Verzug.

"Die Zeiten der Überfülle sind vorbei", bemerkte Präsident Emmanuel Macron am Sonntag beim Besuch der Landwirtschaftsmesse. "Das Land muss es mit dem Wasser so halten wie mit der Energie. (...) Wir brauchen einen Plan, um zu sparen", sagte er.

An Ansatzpunkten dafür fehlt es nicht, denn bisher ist Frankreich mit Wasser sehr verschwenderisch umgegangen, wie Umweltminister Christophe Béchu einräumt. Ein Fünftel des Trinkwassers gehe in Frankreich allein durch marode Leitungen verloren. "Das ist inakzeptabel", betont Béchu.

Bürokratie behindert Wassersparen

Zudem werde in Frankreich weniger als ein Prozent des aufbereiteten Wassers wiederverwendet, etwa zum Sprengen von Grünflächen. Spanien liege bei 15 Prozent, Israel sogar bei 85 Prozent, sagt der Minister. "Wir verzichten freiwillig auf Millionen von Kubikmetern: Von 33.000 Kläranlagen sind nur 77 so ausgestattet, dass das gereinigte Wasser wieder benutzt werden kann", sagt er.

In vielen Fällen behinderten bürokratische Hürden das Wassersparen. Der Minister erwähnt ein besonders absurdes Beispiel: Derzeit ist es nicht einmal möglich, seine Toilette mit Regenwasser zu spülen.

Manche Kommunen ziehen nun ihre Konsequenzen. Im südfranzösischen Département Var nahe der Mittelmeerküste haben mehrere Bürgermeister entschieden, keine Baugenehmigungen mehr zu erteilen. "Es ist besser, wir sagen den Leuten, dass sie gar nicht erst bauen sollen als dass wir sie am Ende nicht mit Wasser versorgen können", sagte Jean-Yves Huet, Bürgermeister von Montauroux, dem Sender France Info.

Die Regierung ruft einerseits zum Wassersparen auf, will aber zugleich technologische Lösungen entwickeln, um etwa Lecks in Leitungen schneller zu erkennen, um Felder effizienter zu bewässern und um aufbereitetes Wasser wieder zu verwenden. "Alle Warnlampen stehen auf Rot", sagt Béchu, der am Montag eine Gruppe von Präfekten zu Beratungen einbestellte. Anfang März will er gemeinsam mit Premierministerin Elisabeth Borne einen nationalen Wasserplan vorstellen.