Nach dem tödlichen Schussattentat bei einer Parade zum US-Nationalfeiertag ist der Verdächtige gefasst worden, wie die Behörden in einer Pressekonferenz am Montagabend (Ortszeit) erklärten. Der Schütze hatte bei der Parade das Feuer eröffnet und mindestens sechs Menschen getötet. Er wurde demnach von einem Beamten aus Nord-Chicago bei einer Verkehrskontrolle entdeckt, floh und wurde nach einer kurzen Verfolgungsjagd gestoppt.

Der namentlich Robert E. Crimo III. genannte Mann sei ohne weitere Zwischenfälle in Gewahrsam genommen und zur Polizeibehörde von Highland Park gebracht worden. Auf Nachfrage hieß es, dass die Polizei Crimo immer noch als "Person von Interesse" bezeichnen.

Vom Dach eines Gebäudes geschossen

Es scheine, als habe der Täter bei der Parade vom Dach eines Geschäftsgebäudes aus wahllos auf die Menschenmenge geschossen, sagte ein Sprecher des Sheriff-Büros von Lake County. Bei der Schusswaffe, die am Tatort gefunden worden sei, habe es sich um ein "leistungsstarkes Gewehr" gehandelt. Ein Arzt aus einem Krankenhaus in der Nähe des Tatorts sagte, in der Klinik seien 25 Menschen im Alter von 8 bis 85 Jahren mit Schusswunden behandelt worden, darunter mehrere Kinder.

Die Parade hatte am Montagvormittag (Ortszeit/17.00 Uhr MESZ) begonnen. Kurze Zeit später fielen die ersten Schüsse. Nach der Parade war in Highland Park ein Fest zum Unabhängigkeitstag der USA geplant, das die Bürgermeisterin nach der Bluttat absagte.

Ein Augenzeuge namens Miles Zaremski sagte dem Sender CNN, er habe mehrere Verletzte und leblose Menschen gesehen, die auf dem Boden lagen. "Es war herzzerreißend." Er habe rund 30 Knallgeräusche gehört. Menschen seien von der Parade geflohen. "Es war einfach chaotisch."

Waffengewalt in den USA

Die USA haben seit langem mit einem riesigen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Erst Ende Mai richtete ein 18 Jahre alter Schütze an einer Volksschule in Texas ein Massaker an: Er tötete in der Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und 2 Lehrerinnen, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Die Polizei geriet danach in die Kritik, weil sie erst nach langer Verzögerung in den Klassenraum eindrang, in dem sich der Schütze verschanzt hatte. Gut eine Woche zuvor hatte ein 18-Jähriger im texanischen Buffalo zehn Menschen erschossen, die Ermittler gehen von einem rassistischen Motiv aus.

Die Amokläufe hatten die Diskussion über schärfere Waffengesetze neu entfacht. In den USA sind Schusswaffen oft leicht erhältlich. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC wurden 2020 in den USA fast 20.000 Menschen erschossen - mehr als 50 pro Tag.

US-Präsident Biden schockiert

US-Präsident Joe Biden zeigte sich "schockiert über die sinnlose Waffengewalt, die an diesem Unabhängigkeitstag wieder einmal Trauer über eine amerikanische Gemeinde gebracht hat". In seiner Mitteilung hieß es: "Ich werde den Kampf gegen die Epidemie der Waffengewalt nicht aufgeben." Biden und seine Demokraten fordern seit langem schärfere Waffengesetze. Weitreichende Reformen scheitern aber immer wieder am Widerstand der Republikaner im Kongress und am Einfluss der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA.

Gesetz gegen Schusswaffengewalt

Im vergangenen Monat hatte der Kongress unter dem Eindruck der Amokläufe von Texas und andernorts parteiübergreifend ein Gesetz gegen Schusswaffengewalt beschlossen, das aber weit hinter Bidens Reformvorschlägen zurückblieb. Experten werteten die Verschärfung des Waffenrechts zwar als die wichtigste seit Mitte der 1990er. Das Gesetz ist inhaltlich allerdings nur ein überparteilicher Minimalkompromiss ist, den Kritiker als völlig unzureichend rügen.

Das von Biden Ende vergangenen Monats unterzeichnete Gesetz sieht eine intensivere Überprüfung von Waffenkäufern vor, die jünger als 21 Jahre sind. Zudem geht es darum, Gesetze aus Bundesstaaten auszuweiten, um potenziellen Gefährdern Waffen abnehmen zu können. Illegaler Waffenhandel soll auf Bundesebene bestraft werden können. Zudem sollen Milliarden in psychische Gesundheitsvorsorge und Anti-Gewalt-Programme fließen. Auch für die Sicherheit von Schulen sind weitere Mittel vorgesehen. Das von Biden und seinen Demokraten geforderte Verbot von Sturmgewehren fehlt in dem Gesetz.

Inmitten der Debatte über Schusswaffengewalt hatte das Oberste Gericht der USA das Recht auf das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit im vergangenen Monat ausgeweitet. Der Supreme Court in Washington kippte ein mehr als hundert Jahre altes Gesetz des Bundesstaats New York, wonach man einen triftigen Grund nachweisen muss, um eine Lizenz für das verdeckte Tragen einer Handfeuerwaffe außerhalb des Hauses zu erhalten.