Melanie Harrer, Chalmers University of Technology in Göteborg, Schweden

Melanie will bleiben
Melanie will bleiben © Privat

“Schweden macht bisher recht wenig. Mittlerweile sind Zusammenkünfte über 500 Personen abgesagt und in Restaurants muss man Abstand halten”, erzählt die Grazer Studentin im Gespräch. Schweden wird für seinen laxen Ansatz in Sachen Corona-Restriktionen vielfach kritisiert. Doch bisher scheinen sich die Fallzahlen in Grenzen zu halten. Höhere Schulen und Universitäten sind geschlossen, während die jüngeren Kinder weiterhin zur Schule gehen. “Die Lehrveranstaltungen sind jetzt alle online, aber man kann weiterhin mit seiner Zugangskarte in die Uni gehen. Das funktioniert je nach Kurs mal mehr mal weniger gut, aber die Professoren bemühen sich schon.” 

Man merkt recht wenig. Das Leben geht normal weiter, außer das es etwas ruhiger ist auf den Straßen. Auch als ich am Wochenende zum Spazieren in die Natur gegangen bin, waren sehr viele Leute unterwegs.

Von Ausgangssperren, sagt Melanie, sei Schweden weit entfernt und kritisiert den Informationsfluss im Bezug auf das Virus. “Da finde ich Österreich viel besser als Schweden. Es ist manchmal wirklich schwierig an Informationen zu kommen. Es gibt zwar englische Nachrichten, aber ich habe den Eindruck, dass die Behörden nicht so viel kommunizieren. Die Argumentation vieler Schweden, sagt Melanie, sei, dass es in Schweden vergleichsweise viele 1-Personen-Haushalte gebe. Die Gesundheitsbehörde verfolge einen sehr anderen Ansatz. “Es wird so gut wie niemand getestet. Sie testen mittlerweile nur noch ältere Personen mit Symptomen.” Junge Menschen würden kaum getestet und auch die Corona-Hotline würde bei jungen Menschen mit Symptomen lediglich den Rat geben zu Hause zu bleiben. “Dass die Leute dann schon längst mit anderen in Kontakt gekommen sind, das wird wenig berücksichtigt,” kritisiert sie. 

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Trotz aller Kritik habe Melanie vor weiter vor Ort zu bleiben. Schon viele ihrer Studienkolleginnen mittlerweile abgereist sind. “Viele Deutsche und Österreicher sind gefahren. Teilweise wurden Menschen auch zurückgeholt. Bei einigen Amerikanern war es ganz streng, da haben die Unis gesagt, dass sie keine ECTS bekommen, wenn sie nicht sofort heimkommen.” Bei den Überlegungen zur Rückreise haben auch Falschinformationen eine große Rolle gespielt. “Das waren dann so Fake News, wie dass die Grenzen auf ewig geschlossen werden, oder es wurden Szenarien durchgespielt, dass man nicht mehr nach Hause käme, weil bald alle Fluglinien insolvent seien”, sagt Melanie. Sie selbst hofft, dass die Situation bis zum Ende ihres Auslandssemesters im Juni wieder ruhiger sei. Auch die Kommunikation der österreichischen Behörden und der Erasmus-Organisatoren sei sehr gut. “Es kommen viele Mails und wir haben uns sehr unterstützt gefühlt.”

Das Abenteuer Auslandssemester ist für Melanie jetzt erstmal dahin. Zwar sind noch immer alle Lokale geöffnet, aber fortgehen, sagt sie, möchte sie in dieser Lage natürlich eher nicht. Auch Reisen durchs Land sind erstmal vom Tisch. “Das Maximale, was wir jetzt noch machen ist, dass wir in den Wald gehen oder an einen See fahren. Dadurch, dass viele Studierende heim gefahren sind, haben sich auch viele Cliquen aufgelöst.

Wir haben jetzt noch eine Gruppe, die wir “die Leftovers” nennen. Dort versuchen wir uns gegenseitig zu unterstützen, damit in dieser Situation niemand alleine ist.