Nur einige Stunden nachdem der Innsbrucker Geschäftsmann und Bergsteiger Josef Einwaller in Kathmandu gelandet war, ereignete sich das schwere Erdbeben in Nepal. Wir haben ihn am Telefon erreicht und zur aktuellen Lage vor Ort befragt.

Sie leben und sind unverletzt. Hat ihr Hotel dem Erdbeben getrotzt?

Josef Einwaller: Ja, ich hatte wirklich Glück. Ich habe auch sofort mit meiner Tochter in Tirol Kontakt aufgenommen, damit sie weiß, dass ich am Leben bin. Das Hotel hat sicher einen halben Meter hin- und hergeschwankt. Die Wände haben Risse, aber der Bau ist nicht zusammengestürzt. Die Einwohner von Kathmandu sind alle vor Angst aus ihren Häusern gerannt. Seit Stunden sitze ich nun wie die anderen Gäste im Park, weil sich natürlich keiner mehr ins Hotel zurückwagt.

Wie zeigt sich die Lage in Kathmandu?

Einwaller: Es herrschen fürchterliche Zustände und das absolute Chaos. Ich habe selbst viele Verletzte gesehen, Tote Gott sei Dank nicht. Was mit den Verletzten passiert, weiß ich nicht, weil die Krankenhäuser heillos überfüllt sind. Ganz Kathmandu ist auf der Straße, weil die Menschen in totaler Panik vor weiteren Nachbeben sind.

Können Sie einschätzen, wie groß die Zerstörung ist?

Einwaller: Das Ausmaß der Verwüstungen ist dramatisch. Ich würde sagen, dass sicher die Hälfte der Stadt zerstört ist. Besonders hart getroffen hat es die Innenstadt mit ihren historischen Bauten.

Derzeit befinden sich besonders viele Bergsteiger in Nepal, weil Mount-Everest-Hochsaison herrscht. Wie ist hier die Stimmung?

Einwaller: Es gibt überhaupt keine Informationen von offizieller Seite und daher sind alle ratlos. Die Touristen haben Angst und wollen nur weg. Kathmandu hat Nepals einzigen internationalen Flughafen und der ist derzeit gesperrt. Die Bergsteiger müssen also ausharren.

Wie sehen Ihre Pläne nun aus?

Einwaller: Ich wollte Sonntag ins Basecamp zu meiner Gruppe aufbrechen. Leider ist jetzt schon klar, dass aus unserer Bergsteigergruppe drei bis vier Menschen gestorben sind. Am Mount Everest sind riesige Lawinen abgegangen. Es ist eine große Tragödie, weil ich die Sherpas schon viele Jahre kenne und wir Freunde geworden sind. Ich werde jedenfalls ein paar Tage abwarten und sehen, wie sich die Lage entwickelt.

Und bis dahin? Wo werden Sie schlafen?

Einwaller: Weil es mehrere Nachbeben gegeben hat, wage auch ich nicht, in ein Gebäude zu gehen. Ich werde wohl im Park schlafen und hoffe, dass es in der Nacht nicht regnet. Zu essen gibt es natürlich nichts, aber daran denke ich zur Zeit nicht so viel

Das Interview führte Brigitte Warenski (Tiroler Tageszeitung)