In Dänemark ist der Gang zu dem traditionell roten Briefkasten derzeit für manchen mit Melancholie verbunden: Die staatliche Post, PostNord genannt, stellt ab dem kommenden Jahr die Briefzustellung ein. Begründet wird die Entscheidung mit der „zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft“ und der mangelnden Rentabilität des klassischen Postgeschäfts. In dem skandinavischen Land ist der Briefverkehr laut PostNord um 90 Prozent zurückgegangen, das staatliche Unternehmen hat in der letzten Zeit 1500 Mitarbeiter entlassen, die letzten Briefmarken wurden bereits am 18. Dezember verkauft.

„Digitale Supermacht“

Dänemark sei eben eine „digitale Supermacht“, feiert der Sender tv2 die Entscheidung; die Däninnen und Dänen hingegen trauern bei Straßeninterviews dem Verlust einer alten Tradition hinterher: Immerhin stellt die Post des Königreichs seit 1624 Briefe zu, seit dem Jahr 1876 haben die Briefkästen ihre charakteristische rote Farbe und die gewölbte Form. Wer in Dänemark ab 2026 einen Brief verschicken will, muss ihn auf der Post als teureres Paket deklarieren oder zu einem „Shop“ des privaten Anbieters Dao gehen. Dadurch wird der Inlandsbrief erstmals etwas billiger. Das seit 1921 bestehende Unternehmen übernimmt auch die Zustellung, wenn Briefe aus dem Ausland nach Dänemark geschickt werden – der private Briefkasten bleibt weiterhin an den dänischen Häusern.

Nostalgische Gefühle

Wie sehr die Dänen an ihren roten Kästen mit dem königlichen Posthorn hängen, welche teilweise schon aus dem Stadtbild entfernt wurden, zeigte eine Aktion der Supermarktkette Føtex, welche Mitte Dezember im Netz 1000 Exemplare für maximal umgerechnet 267 Euro zum Verkauf anbot, brach die Webseite ob des Andrangs zusammen. Im Jänner sollen Briefkästen für einen guten Zweck versteigert werden, teils von Künstlern verziert – und auch in den Dao-„Shops“ werden die Relikte aufgestellt. Mit der Veränderung entsteht jedoch ein praktisches Problem: In dem Land, das gerne technologische Trends rasch umsetzt, gilt seit 2014 das Gesetz der „Digitalen Post“: Bürger ab 15 Jahren sind verpflichtet, Behördenschreiben via E-Mail zu empfangen und zu öffnen.

Ausgenommen werden Ältere, sozial Benachteiligte und Behinderte, etwa 300.000 der knapp sechs Millionen Däninnen und Dänen sind von der Pflicht der „Digitalen Post“ befreit, da sie mit den Anforderungen des Internets nicht so gut zurechtkommen.  Doch das private Unternehmen Dao vermittelt Informationen über seinen Service nun ausschließlich im Netz und verlangt von seinen Kunden, dass sie eine entsprechende App auf ihrem Smartphone herunterladen.

Jene Menschen, die mit der Außenwelt noch via Brief kommunizieren, würden „im Stich gelassen“, wie es der Seniorenverband „Danske Seniorer“ anprangert. Dieser forderte die dänische Regierung auf, die Betroffenen über die nunmehrigen Herausforderungen des Briefverkehrs aufzuklären: vermutlich per Brief – welch Ironie.