Frauen stellen die Hälfte der steirischen Bevölkerung, absolvieren häufiger die Matura und schließen in fast allen Studienrichtungen – mit Ausnahme der MINT-Fächer – öfter ein Studium ab als Männer. Dennoch sind sie in Führungspositionen weiterhin stark unterrepräsentiert. Das zeigt die “Felin“-Studie 2025, welche den Anteil von Frauen in den Führungspositionen der 100 umsatzstärksten steirischen Unternehmen sowie bei Beteiligungsgesellschaften von Land und Stadt Graz untersucht.

Das ernüchternde Ergebnis: Nur vier Prozent der Top-Unternehmen werden von Frauen geführt – ein Rückgang von drei Prozent gegenüber 2023. In den Vorständen liegt der Frauenanteil bei acht Prozent, in den Aufsichtsräten bei 21 Prozent. Eine Ausnahme bilden Beteiligungsgesellschaften der Stadt Graz, bei denen die Aufsichtsräte erstmals einen Frauenanteil von 55 Prozent erreichen (2023 waren es 44 Prozent).

Maßnahmen für mehr Frauen in Führungspositionen

Woran liegt das? Felin-Geschäftsführerin Christiane Katschnig-Otter – Felin steht für Females Leaders Initiative – erklärt: „Während Frauen dort zunehmend vertreten sind, wo kontrolliert und beaufsichtigt wird, bleiben sie in den entscheidenden Führungspositionen weiterhin massiv unterrepräsentiert.“ Gleichstellungsquoten seien hilfreich, reichten aber nicht aus. Denn Quoten würden oft negativ konnotiert und Missgunst verursachen, weshalb es um die gesamte unternehmerische Einstellung geht. „Gleichstellung braucht strukturelle Ansätze und gelebte Unternehmenskultur“, so ein Fazit der Studie.

Felin-Geschäftsführerin Christiane Katschnig-Otter spricht über die Gründe der Benachteiligung von Frauen und mögliche Maßnahmen dagegen
Felin-Geschäftsführerin Christiane Katschnig-Otter spricht über die Gründe der Benachteiligung von Frauen und mögliche Maßnahmen dagegen © Land Steiermark/Binder

Gabriele Lechner, Vizepräsidentin der WKO Steiermark, betont, dass Frauen Karrierehindernisse überwinden müssen: „Wenn du als Frau etwas erreichen willst, machen sie es dir noch härter.“ Deshalb sei eine Geschlechterquote wichtig, um Ungerechtigkeiten auszugleichen. Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom (ÖVP) erklärt: „Gesetzliche Gleichberechtigung gibt es bereits, von Gleichwertigkeit von Männern und Frauen, gerade im Berufsleben, sind wir aber oftmals noch zu weit entfernt.“ Sie erzählt, selbst zunächst unsicher gewesen zu sein, als man sie für ihre jetzige Position fragte. Deshalb ihr Appell an Frauen: „Wenn ihr gefragt werdet, dann trauen es euch andere zu. Also traut es euch selbst zu.“

Die Felin-Studie zeigt auch, dass flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, Homeoffice und Teilzeit in Führungspositionen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Doch entscheidend sei die Einstellung der Unternehmen. Studienleiterin Lisa Mittischek sagt: „Gleichstellung gelingt nicht mit gut gemeinten Einzelmaßnahmen, sondern nur dann, wenn Strukturen verändert, Macht neu verteilt und alle eingebunden werden.“ Unternehmen sollten daher ihre Kultur hin zu mehr Gleichstellung verändern – wirtschaftlich lohne sich das.

Frauen in der Führung: Der Erfolg spricht für sich

Zahlreiche Studien, darunter von der österreichischen Nationalbank und CRIF, bestätigen: Mehr Frauen in Führung steigern den Unternehmenserfolg. Diese Unternehmen sind demnach finanziell stabiler und wirtschaftlich erfolgreicher. Bernadette Pöcheim von der AK Steiermark erklärt: „Jahrzehntelange Studien belegen, dass weibliche Führungskräfte die Produktivität steigern, die Zusammenarbeit verbessern, das Engagement erhöhen und für mehr Fairness sorgen.“

Auch die stellvertretende Geschäftsführerin der IV-Steiermark, Nina Zechner, unterstreicht: „Diversität bedeutet einen Mehrwert für Unternehmen, sie wirkt sich positiv auf Wachstum und Innovation aus.“ Für Gabriele Lechner ist klar: „Wenn man wirtschaftlich denkt, braucht es mehr Frauen.“ Christiane Katschnig-Otter ist deshalb der Meinung: „Weshalb es mehr Frauen in Führungspositionen braucht, soll gar nicht mehr thematisiert werden. Wir sollten uns nicht dafür rechtfertigen müssen.“