Ins flache Land nahe Schwechat führte Ruth und Wolfgang Horak die Suche nach einem Bauplatz für eine Lagerhalle, die Letzterer für seinen florierenden Textilgroßhandel benötigte. Den Bauplatz fanden sie nicht, aber eine Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute Baumwollspinnerei.

Das imposante Gebäude mit Turm und Schlot wurde im Lauf der Zeit mehrfach durch Anbauten erweitert. 1944/45 funktionierte man die Spinnerei kurz zum Rüstungsbetrieb um, in dem Tragflächen für Flugzeuge gebaut wurden. Danach wurde wieder gesponnen, in den 1990er-Jahren der Betrieb eingestellt. Mehrere Jahre wartete das Objekt auf Käufer, weshalb es relativ billig war. Horaks griffen zu.

Der Lagerraum war rasch adaptiert, der Weg zum Wohnraum dauerte länger. Ein direkt an bzw. in der Fischa, die sich hier für einige hundert Meter in zwei Arme teilt, gelegenes Baumwolllager bot sich an. Eine wunderbar proportionierte historische Ziegelhalle mit drei Toren für mit Baumwollballen beladene Fuhrwerke und einem imposanten Holzdachstuhl. „Wir dachten damals: Ausräumen, ein paar Wände einziehen, Möbel rein, fertig“, erinnert sich Ruth Horak, in Fürstenfeld geborene und aufgewachsene Kunsthistorikerin.

Fotos dokumentieren einen nicht ganz so einfachen Prozess. Die Substanz erwies sich teilweise als äußerst desolat, der Tipp „Abreißen, neu bauen!“ wurde des Öfteren laut.

Horaks hielten durch, das Ergebnis spricht für sie und sich. „Wir hatten gute Handwerker“, sagt Horak, die dennoch immer wieder viel Geduld aufbringen musste, um Details durchzusetzen. Dass man „das“ heute nicht mehr so mache, wollte sie als Argument nicht akzeptieren. Soweit möglich wurden originale Materialien verwendet, manche davon – etwa einige Türen – rettete man vor der Entsorgung. Etwa aus einem zum Abriss bestimmten Bau der legendären Heller-Zuckerlfabrik, wo Wolfgang Horak ein Lager hatte: „Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“

Die zylindrischen, transparenten Kannen einer Streckbank (kein Folterinstrument, sondern eine für das Spinnen benötigte Maschine) dienen nun zur Beleuchtung des Hauptraums, der sich in eine zweite Etage öffnet.

Auf Versatzstücke aus der Spinnerei stößt man im ganzen Haus. Das trägt wesentlich zu einer Atmosphäre bei, in der sich Gestern und Heute wie beiläufig zum stimmigen Ganzen verschmelzen. Exponate zeitgenössischer Kunst tun das Ihre. Speziell solche des Mediums Fotografie, auf welches sich Ruth Horak spezialisiert hat. In allen Räumen begegnet man Arbeiten österreichischer und internationaler Künstlerinnen und Künstler, über viele von ihnen hat Horak publiziert. Einen besonderen Stellenwert nehmen die Werke ihrer Eltern ein, des renommierten Konzeptkünstlerpaars Tamara Horáková und Ewald Maurer.

Eine besondere Attraktion des insgesamt 420 Quadratmeter Platz bietenden Gebäudes ist der vierzehn Meter lange Indoor-Pool, der von besagtem Hauptraum durch eine Glaswand getrennt ist und auch im Winter genutzt werden kann. Das von üppigem Grün umrankte Becken freut nicht nur die Erwachsenen, sondern auch zwei Töchter (17 und 15) sowie einen Sohn (8). Und deren Freundinnen und Freunde: „Wir werden gern besucht.“

Sitzt man nun auf der Holzveranda, die dem Haus an zwei Seiten angebaut ist und die an der Längsseite über den Fluss ragt, kann man den Krebsen bei ihren gemächlichen Wanderungen zusehen. Hängematten und eine mit Augenzwinkern gestaltete Südsee-Bar des Grazer Künstlers Gregor Schmoll laden zum Faulenzen, „zu dem ich leider zu selten komme“.

Im Garten weist Ruth Horak auf jene Spuren hin, die hin und wider emsige Biber hinterlassen. Bäume, auf die man nicht verzichten möchte, sind deshalb mit Draht geschützt. Die letzte Beute der Nager: zwei niedere Äste eines Apfelbaums. Man gönnt es ihnen.

Ein Schlauchboot ist in einer kleinen Bucht vertäut. Bis Fischamend, wo die Fischa am Ende ist und in die Donau mündet, kommt man damit freilich nicht: „Zu viele Sperren.“ Aber ein Stück immerhin kann man das Gefühl einer entspannten Bootsfahrt genießen. Die Nähe des Flughafens Schwechat erinnert daran, dass man nicht in einer unberührten Weltgegend ist. Man kann nicht alles haben.

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